Urbane Oasen und Dörfer im Nichts

Wir haben zwei der sicher schönsten Städte Omans besucht: Bahla und Nizwa. Zugegeben, die Realität bleibt hier etwas hinter unseren Erwartungen zurück – jetzt wissen wir das aber auch schon. Diese Städte sind alle ganz ähnlich strukturiert. Es gibt das Fort, den Souq und die Moschee – alles mal mehr oder weniger mächtig. Da die einst meist aus Lehm erbauten Bauwerke zu verfallen drohen, werden sie zwar restauriert, verlieren dadurch aber ihren wohl einstigen Charme. Wenn das Licht dann tagsüber grell und unbarmherzig ist, verschwimmt alles in einem matten Einheitsbraun. Erst am späten Nachmittag und frühen Abend, wenn die vielen Lichter die Stadt und ihre Gebäude erhellen, erwacht wieder orientalisches Flair. Aber noch etwas ist wirklich bezeichnend – eigentlich für das ganze Land – das Leben auf den Straßen, in der Öffentlichkeit, ist sehr spärlich. Privatsphäre hat eine dermaßen große Bedeutung, dass sie unweigerlich Vieles von den Straßen verbannt, die Lebendigkeit fehlt irgendwie. Für mich auch wirklich eigenartig ist die Feststellung, dass Frauen die meiste Zeit einfach nicht sichtbar sind. Einige wenige trifft man wohl an, aber die Anzahl ist verschwindend klein.

 

Die gesamte Infrastruktur des Landes ist unglaublich weitläufig. Dazu muss man wissen, dass der Oman ca. die Größe Deutschlands hat, aber nur halb so viele Einwohner wie Österreich. D.h. es gibt hier massig Platz, auch im urbanen Bereich. Rund um den Stadtkern findet man die großen Familenhäuser. Riesige Bauten, ausnahmslos umgeben von geschlossenen Mauern, oben drauf ein Kubus, gleich einer Kuppel – wie Trutzburgen scheinen sie oft wahllos in ihrer Anordnung rund um das Zentrum aus der Schotterwüste zu wachsen. Diese Häuser sind z.T. so  groß, dass man sich  fragt, wie dies zu finanzieren sei. Nun, als Starthilfe sozusagen schenkt Sultan Qaboos jedem der eine Familie gründet, ein Stück Land.. Früher, als er damit begonnen hat, waren die Parzellen noch größer, heute sind sie bereits etwas kleiner geworden, auch das Sultanat scheint sparen zu müssen. Der Sultan, der seit über 30 Jahren dieses Land nun in die Moderne zu führen versucht, belohnt seine Landsleute auf diese Weise. Zudem gibt es auch noch günstige Kredite für Wohnfinanzierung. Und das Haus selbst ist wahrscheinlich mit günstigen Materialien und vor allem mit billigen Arbeitskräften aus Indien und Pakistan entstanden. Und vor jedem großen Haus steht mindesten ein richtig großes Auto, was bei den Spritpreisen von 23 Cent wohl auch nicht ins Gewicht fällt. Die Menschen im Oman leben nicht schlecht, wir denken, es geht ihnen sogar ziemlich gut. Mal abgesehen von der riesigen Parallelgesellschaft bestehend aus Indern, Pakistani u.a., die all die niedrigen Jobs in diesem Land verrichten. Ihnen geht es sicher nicht so gut. Für die alte Generation mag der Wechsel in die Moderne nicht ganz so einfach sein, aber es bleibt ihnen ja ohnedies keine Alternative. Am Markt sieht man sie vor allem noch, die alten greisen Omanis, mit ihrem vordergründig skeptischen, teils grimmigen Blick. Oft gelingt es aber dann doch sie mit einem freundlichen Gruß oder einer banalen Frage nach der Ware die sie feilbieten, ein wenig zu erweichen und man erntet ein freundliches Lächeln. Die junge Generation, und über der Hälfte der Bevölkerung ist 15 Jahre oder jünger, findet man in den großen Supermärkten und alle sind ausnahmslos freundlich. Wenngleich, das Interesse an uns Touristen ist auch nicht besonders groß, sie leben ihr Leben, wir dürfen ihr Land besuchen. Keine Heerscharen von Kindern, die uns umzingeln, keine neugierigen Blicke, die uns nachsehen.

 

Das Land ist großen und vor allem sehr rasch wachsenden Veränderungen unterworfen und man sieht diesen Spagat zwischen Tradition und Erneuerung speziell an den städtischen Strukturen. Am Land findet dieser Wandel viel langsamer statt. Bevor Qaboos 1970 die Herrschaft übernahm, gab es im Oman weder Rundfunk noch Fernsehen und gerade mal 10 km asphaltierte Straßen. Heute gleichen die großen Zufahrtsstraßen Autobahnen und alles ist nachts hell erleuchtet, da der Strompreis wohl keine Rolle spielt. Wie die Menschen diese Veränderungen wahrnehmen, wage ich nicht zu beurteilen, dazu fehlt uns der tiefere Einblick. Aber vielleicht gelingt hier dieser Spagat tatsächlich: Tradition und Moderne nicht als Widerspruch sondern als Symbiose. Fest steht, dass eben diese  sichtbare Vermischung  dieses Land eben auch interessant für den Betrachter macht.

 

Und damit auch wir diese Vermischung spüren können, waren wir an den beiden vergangenen Tagen wieder mal auf den Spuren unseres explorer-guidbooks. Ein ganz besonders schöner Trekk hieß es dort, spannend zu entdecken, aufregend zu fahren. Na nichts wie dorthin. Wir fuhren zuerst ca. 2 Stunden in haarsträubend staubigen und steilen Serpentinen eine Piste nach oben, die als Etappe beim Erzbergrennen durchkäme. Oben angekommen waren wir zuerst einfach nur mal froh darüber, dass nichts passiert ist. Manche Passagen waren so steil, dass sogar unser starkes Auto Mühe hatte. Unser Untersetzungsgetriebe – our best friend! Da oben auf 2200 m gab`s nicht mal mehr Ziegen und Touristen sind uns auch keine begegnet. Wer tut sich das auch schon an, unser Auto war nicht mehr weiß, sondern braun betoniert. Also schlugen wir wieder mal unser Höhenlager auf und Christian strapazierte seine Kamera mit Sonnenuntergangs- und –aufgangsbildern. Nein, es waren ganz wunderschöne Momente, aber der Aufwand ließe sich hinterfragen.

Daher wollten wir am nächsten Tag nur noch einen kleinen Abstecher ins nächste Tal nach Balad Seet machen. Nun, es war nicht ganz so. Es war ein Höllenritt! Nach einem kurzen Stück Asphalt waren wir wieder mitten drin im offroad-Gelände, und es war noch schlimmer als am Tag zuvor. Manche Passagen waren so eng, dass wir nicht wussten, ob sich das überhaupt ausgehen kann. Man glaubt es nicht, aber dorthin verirrten sich tatsächlich auch einige wenige Touristen mit ihren guides – wir zogen es natürlich alleine durch. Erst danach hat Christian einen Bericht eines Individualreisenden gefunden, der schrieb, dass er aufgegeben hat. Wir haben`s nicht. Das sich dort, im Talschluss des Jebel Akhdar Gebirges, in jenem kleinen Dorf, tatsächlich Menschen ansiedeln, ist einfach unglaublich. Es ist so weit im Nichts, hat nur diese unglaublich schwierige Verbindung zur Außenwelt, ist bei Regen völlig abgeschnitten. Das Leben dort scheint noch ein Stück ruhiger und zurückgezogener. Die Fahrt dorthin hat sich gelohnt, trotz Schaukelei.