Ein Trekkingalltag
Es ist wahrscheinlich so wie zwischen den Seglern und den Motorbootfahrern. Die „richtigen“ Bergsteiger blicken wohl ein wenig verächtlich auf uns , das Fußvolk , die Trekker , herunter . Dort wo sie eigentlich erst beginnen – in den Basislagern – endet es für uns , und für viele schon deutlich davor . Man darf nicht vergessen , Basislagerhöhe ist so ungefähr 5500 m Seehöhe . Und das ist für den nicht wirklich bergsteigerisch erprobten Flachlandtouristen schon eine ganze Menge . Also – wie fängt so ein Tag an ? Mit Überwindung . Eigentlich ist so alles , außer sich in den Schlafsack fallen zu lassen , mit Überwindung verbunden . Also wo fangen wir an ? Nehmen wir das Aufstehen so ca. um 06 00 Uhr . Wahrscheinlich war die Nacht ob der ungewohnten Höhe sowieso nicht besonders gut und man dreht sich also schon weit vor 06 00 Uhr in seinem Schlafsack des Umstandes gewiss dass man diesen in Kürze verlassen muss. Es ist wohlig warm und an den einglasigen Fenstern blitzen die Eisblumen. Wenn man schlau war hat man das Wandergewand abends in den Schlafsack gesteckt , das riecht dann zwar nicht so fein ist aber angenehmer anzuziehen da warm . Also aufstehen. Schnell in das Wandergewand geschlüpft und einmal orientiert. Eisblumen abkratzen – Wetter geschaut . OK , in Ordnung – also weiter . Zur Toilette . Das ist nun also ein Bereich den man am liebsten verschweigen würde. Alles was mit Toilette und sanitären Einrichtungen zu tun hat verdient diesen Namen nicht – es ähnelt einer Kloake und wird umso schlechter umso weiter es nach oben geht und das Wasser , da gefroren , spärlich wird oder nicht vorhanden ist. Eine absolute Verbesserung dieses Mal ist die Pinkelflasche . Man erspart sich den nächtlichen Gang zu ebendieser Kloake ( die , wenns ganz schlecht geht auch noch im Freien ist – und das ist bei – 20 Grad oder weniger wahrlich keine Freude ) und erledigt die Sache elegant in einer Minute in der Behausung . Ich hab´s versucht es sogar ohne den Schlafsack zu verlassen zu erledigen , das war mir dann aber doch zu riskant . Die armen Damen unter uns – die haben´s da nicht so leicht . ( Ernst hat sich eine Woche geziert aber jetzt den Vorteil voll akzeptiert … )
Die Bergschuhe und die Socken : Wenn es nicht gelungen ist die Socken am Vorabend zu trocknen so ist in der Nacht der feuchte Zehenkäse in den Socken gefroren und diese dementsprechend steif – keine wirkliche Freude .
Nächster Punkt zusammenpacken . Wer zuerst ? Für uns beide zugleich ist definitiv kein Platz in diesen Bretterverschlägen . Zuerst die „ sperrigen „
Dinge . Schlafsack und Daunenjacke wollen in ihre kleinen Hüllen gestopft werden. Ist das einmal gelungen werden die Dinge für den Tagesrucksack zusammengesucht und die große Tasche fertig
gepackt . Erstaunlich , obwohl wir mittlerweile doch einiges vom Mitgebrachten gegessen haben will sie immer noch nicht wirklich zugehen. Frühstück fällt aus – kein Hunger – Träger suchen . Er
ist nicht von der pünktlichsten Seite aber ansonsten ein Lieber. Und dann geht es los . Langsam , ganz langsam versuchen wir unseren Schritt zu finden . Wehe , wenn man es zu schnell angeht . Das
Pfeifen der Lungen und der rasende Puls bringen einen blitzartig zur Erkenntnis dass das nicht unsere Gegend ist . Und so geht es die nächsten mehr oder manchmal auch weniger Stunden . Wenig
Gelegenheit um miteinander zu reden – der wenige Sauerstoff in der Luft ist zu kostbar . Berge rauf in Täler runter bis wir bei unserer nächsten Tagesetappe angelangt sind . Die Hoffnung ein „
Zimmer „ zu bekommen . Das ist nämlich nicht so ganz sicher , zumindest das Everest Tal ist zu einer
Trekkingindustrie mutiert und es sind Kolonnen von Menschen unterwegs . Einmal angekommen – Katzenwäsche solange die Sonne noch scheint und im Zimmer ein Hauch von positiven Graden verspürbar ist
. Um die 5000 m gibt’s nicht einmal das da das Wasser gefroren ist . Auspacken , Bett in Form von Schlafsäcken vorbereiten , der verzweifelte Versuch etwas Ordnung in der Kleidung zu halten ,
Wandergewand , Schlafgewand , Gewand das schon einmal gewaschen wurde …. Mit der Nase geht’s aber ganz gut . Noch . Ich habe nämlich die Befürchtung dass in Kürze alles denselben muffigen
verschwitzten Geruch annehmen wird der uns mit zunehmenden Trekkingtagen immer öfter in die Nase steigt . Auch der Staub ist so eine Sache für sich . Alles , wirklich alles ist mittlerweile
hoffnungslos verstaubt und schlägt sich in Form einer klebrigen Masse aus Staub und Schweiß auf der Haut nieder . Trinkwasser filtern , Fotos sortieren , speichern , Blog schreiben , der
manchmal illusionistische Versuch Internet zu finden , manchmal gelingt es dann doch . Und alles , wirklich alles ist wie schon eingangs beschrieben
mit Überwindung verbunden . Wir sind nämlich wirklich unglaublich müde. Beine , Arme , Kopf , alles ist schwer und strebt der Schwerkraft nach. Wenn dann irgendwann alles erledigt ist sollte
eigentlich Abendessen am Programm stehen – nur der Hunger fehlt . Wir fragen uns mittlerweile woher wir die Energie noch nehmen – es will kaum etwas den Hals hinunter . Manchmal zwingen wir uns dazu , manchmal fällt es aber auch aus. Spätestens um 19 00 Uhr liegen wir wieder in den Schlafsäcken , Energie etwas zu lesen ist nicht
vorhanden – weder in körperlicher noch in elektrischer Form . Und so hoffen wir jeweils auf eine gute Nacht nicht zu oft durch die Pinkelflasche unterbrochen. Zumindest bei mir ist der erste Teil der Nacht mühsam , Kälteempfinden wechselt sich mit Hitzewallungen ab , die Flasche wird 2 – 3 x konsultiert . Die Atemnot
in der Nacht ist mittlerweile Geschichte – wir sind gut akklimatisiert – na wenigstens etwas . Ja , und so drehen wir uns in unseren Schlafsäcken gewiss des Umstandes dass der nächste
Programmpunkt wieder gleich beginnen wird – mit Überwindung . Aufstehen !