Blaues Feuer am Kawah Ijen

Fantastisch , beängstigend , ergreifend, wunderschön , anstrengend, apokalyptisch, herausfordernd , all das zusammen ist der Kawah Ijen. Vor allem aber herausfordernd – für die Schwefelträger ohnehin.  Doch auch wir nehmen diese Herausforderung noch einmal an und wollen ein ganz besonderes Ereignis beobachten . Blaue Lava bzw. blaues Feuer am Kawah Ijen  . Nach dem für uns sehr gefährlich erscheinenden Erlebnis im letzten Jahr als uns die Schwefelgaswolke einhüllte und den Atem nahm, sind wir dieses Mal besser ausgerüstet und haben Atemschutzmasken sowie Schutzbrillen mit. Um 01 30 Uhr Nachts geht es los. Über rutschige Wege geht es steil bergauf bis wir kurz unter dem Kraterrand zwar in der Dunkelheit nichts sehen aber plötzlich von Schwefelgas eingehüllt sind . Es geht kein Wind – deshalb ist der Krater mit Schwefelgas gefüllt, dieses „ fließt „ über den Kraterrand nach unten . Die Atemschutzmasken nehmen zwar den beißenden Geruch, erschweren aber in der Anstrengung des bergauf Gehens das Atmen. Auch macht sich trotz Allem etwas Beklemmung breit – man sieht im Schein der Stirnlampen fast nichts – es ist durch das Schwefelgas nebelig wie im November. Auf die Zusicherung Einheimischer hin, dass es im Krater unten besser sein soll, entscheiden wir abzusteigen . Ist der Weg nach unten tagsüber schon schwierig, erschwert es der nur kleine Lichtkegel der Stirnlampe jetzt in der Dunkelheit noch einmal. Vorsicht ist angesagt , teilweise geht es 50 Meter senkrecht nach unten – ausrutschen wäre fatal. Langsam geht es voran , wir sehen noch nichts – hören nur das Grollen und Pfeifen der austretenden Schwefelgase . Noch ein Stück tiefer , die Geräusche werden noch lauter – und plötzlich taucht es auf : Blaues Licht , blaue  Flammen die aus den senffarbigen Schwefelgasen hervortreten. Die über 100 Grad heißen Gase reagieren beim Austreten aus der Erde mit dem Sauerstoff der Luft und verbrennen mit bläulicher Flamme. Zum Teil rinnt flüssiger , ebenso blau brennender Schwefel – blaue Lava – den Berg herunter. Um zu fotografieren müssen wir nahe heran , die Schwefelgase wabern uns bedrohlich entgegen , immer wieder wirbelt ein kleiner Luftzug die Wolken umher – wir müssen zurück bis es sich wieder etwas beruhigt. Fotografieren ist sehr schwierig und anstrengend , erstens durch die Anspannung und das damit verbundene Gefühl nur wenige Meter vom Gasaustritt entfernt zu sein , es ist finster  und die sich immer wieder verändernden Gaswolken lassen der Kamera keine Möglichkeit  zu fokusieren. Es muss manuell gehen , schnell auch -  Gasmaske , Stirnlampe , Brille , Stativ , Fernauslöser und immer die Gaswolken im Blickfeld um nicht vollends eingehüllt zu werden, machen es auch nicht einfacher . Das Zischen und Pfeifen das Gasaustrittes ist gespenstisch , ebenso das diffuse blaue Licht, das sich durch die wabernde Wolke immerfort verändert. Unglaublich, dass sich hier unten Arbeiter aufhalten , 24 Stunden am Stück, dann erfolgt ein Wechsel. Die Rohre in denen das Gas zu flüssigem Schwefel kondensiert müssen gekühlt werden, ansonsten droht eine Explosion. Für uns ist das Szenario apokalyptisch – ja bedrohend - und wir entschließen uns nach 20 Minuten erst einmal zum Aufstieg – zu unheimlich und zu gefährlich wirkt auf uns die Atmosphäre in der Dunkelheit. Umso mehr als ja erst vor kurzem der Gunung Kelud , ca 150 km von hier , ausgebrochen ist.  Mit zischendem Atem und pulsierendem Herzschlag geht es wieder nach oben zum Kraterrand – die Atemschutzmaske behindert . Inzwischen kommen uns die ersten Schwefelträger entgegen, um ihre schweren Lasten zu holen. Am Kraterrand warten wir auf den Sonnenaufgang . Leichter Wind bläst nun die Gase etwas gegen den Berghang , atmen ist nun etwas angenehmer. Als es hell genug ist, steige ich mit zwei Schwefelträgern  noch einmal nach unten und beobachte wie sie mit Eisenstangen Blöcke aus dem kondensierten Schwefel brechen und ihre Körbe beladen . Dabei müssen sie immer wieder sehr nahe an den Gasaustritt und husten erbärmlich . Die Körbe werden gleichmäßig beladen – immer wieder wird die Balance geprüft. Unglaubliche 70 bis 100 kg werden so in zwei Körben und mit Hilfe einer Verbindungsstange auf der Schulter balanciert und nach oben geschleppt. Dabei lachen sie, plaudern in einfachem Englisch mit mir und sind unglaublich stolz auf ihre Kraft – zu Recht ! Ich bin jetzt das dritte Mal hier – noch nie hat jemand gebettelt – einzig nach Zigaretten fragen sie. Wahrscheinlich sind ihre Lungen ohnedies schon so verpestet, und Nikotin dämpft Anstrengung und Schmerz . Wahrlich stolze Menschen die unglaubliche Leistungen erbringen .

 

Ein besonderes Anliegen war es uns auch, jenen Schwefelträger noch einmal zu treffen, den wir im Vorjahr begleitet haben. Schon zu Hause haben wir ein Foto  von ihm ausgedruckt und wir kannten seinen Namen – Subno. Am Vortag unseres Aufstiegs klapperten wir ein paar Stellen ab, an denen wir im Tal die Schwefelträger vermuteten und zeigten ihnen das Foto, mit der Bitte um Unterstützung. Gleich erkannten ihn einige und erzählten, dass Subno heute schon zu Hause sei. Dann hatten wir Glück und trafen auf seinen „Nachbarn“, der uns versprach, in seinem nahe gelegenen Heimatdorf Subno über unseren Aufenthalt im Guesthouse Bescheid zu geben. Die Überraschung und Freude war demnach groß, als er während unseres Abendessens plötzlich lachend vor uns stand. Natürlich hat er uns gleich wiedererkannt und freute sich sichtlich uns zu sehen. Richtiges Plaudern ist ja leider nicht möglich, da unser Indonesisch gleich Null und auch sein Englisch nicht viel besser ist. Wir „reden“ also mit unseren wenigen Worten und in Zeichensprache und verabreden uns für den darauffolgenden Morgen, um 1.30 Uhr in der Früh! Pünktlich stand er mit seinem Moped vor der Tür. Nach unserem Trekk möchte uns Subno noch zu sich nach Hause einladen, was wir aber leider abbrechen mussten, da der Weg zu seinem Haus sich für unser Auto als zu schwierig erwies – noch weitere 10 km steinige Geröllpiste konnten wir ihm einfach nicht zumuten. Also schenken wir ihm unsere zwei Gasmasken mitsamt einer kleinen finanziellen Unterstützung und trennen uns wieder – nach einer irgendwie berührenden Begegnung ohne vieler Worten.