New Delhi

Unser „ Weihnachtsurlaub „ in Graz ist vorbei und wir sind am Weg nach Indien. Wir haben die Adventzeit zu Hause sehr genossen auch wenn die Rückkehr aus Nepal , einem der wirklich ärmsten Länder der Welt , direkt mitten in den Weihnachtskonsum und Einkaufswahnsinn bei uns zu Hause  befremdlich und irritierend war. Zu wissen mit wie wenig Menschen auskommen müssen , mit welchen Entbehrungen und Mühen sie ihr Dasein meistern lässt einen angesichts der vielen , vielen unnötigen Dinge die zu Weihnachten gekauft und geschenkt werden ( müssen ) schon etwas nachdenklich werden .

Irritierend auch die Geschwindigkeit mit der sich unsere Gesellschaft auf Weihnachten zubewegt , der allgegenwärtige Weihnachtsstress ist in jedermanns – und –frau Munde nur um sich dann am 24. Dezember erschöpft in den Sessel fallen zu lassen . Als Draufgabe dann noch die Schreckensmeldung einer globalen Wirtschaftskrise – oh Schreck – die Wirtschaft wird 2012 nicht wie geplant 3,6 %  sonder „nur“ 2 % wachsen – welche Problematik ……… Abgesehen davon haben wir versucht uns von dieser Knechtschaft des globalisierten Kommerzialismus  und der sprichwörtlichen Weihnachtshektik zu distanzieren , haben ausgiebig soziale Kontakte gepflegt, und sind nun froh wieder etwas Abstand von unserer kapitalisierten und schnelllebigen Welt  zu gewinnen und werden die nächsten Monate und Wochen mit reduzierter Geschwindigkeit erleben – wenn auch nicht so langsam wie in Nepal – da waren wir ja zu Fuß unterwegs .

 

So sitzen wir nun also im Flieger , lesen die letzte einheimische Zeitung mit all den Meldungen die schon so abgedroschen sind und zum Halse heraushängen , es gibt gebratenes Huhn mit Spinat und Erdäpfel – nicht einmal so schlecht . Was uns besonders freut – wir reisen diesmal zu dritt – nein , nein – kein Nachwuchs – unser Freund Kurt hat sich kurzfristig entschlossen uns zu begleiten . Mit etwas Logistik und Einsatz war es möglich  die entsprechenden Flüge , Visa , Impfungen etc. zu besorgen und so geht es nun heute bei Schneeregen und eisglatten Straßen los . Eine Betriebsversammlung des AUA Bodenpersonals strapaziert noch einmal die Nerven aber wir erreichen dann in Wien doch wie gewünscht unseren Anschlussflug nach Delhi.

 

Die Ankunft in Indien ist so wie ich sie kenne . Schon im Landeanflug macht sich im Flieger ein Geruch breit der mir wohlvertraut ist  und unmissverständlich aussagt – wir sind da – in Indien.  Kein Land der Welt spiegelt solche Gegensätze wieder , Meeresstrand und höchste Gipfel , unermesslicher Reichtum  und bittere Armut – ja archaische Zustände , unglaubliche Improvisationskunst und Hochtechnologie . Hier gibt es kein vielleicht – nichts zwischen den Zeilen – dieses Land liebt man oder man hasst es .

Auch unsere Reise wird  Gegensätze aufweisen , zuletzt das Hochgebirge des Himalaya wird es diesmal die Wüste sein , Königs- und Maharadschastätte mit ehemals  unglaublichem Reichtum , fantastische Baukultur , dann wiederum die verzweigten Wasserkanäle des südlichen Indiens in Kerala , unberührte Strandregionen und nach dem sich nun ebenfalls sehr rasch veränderten Malaysien werden wir die Inselwelt der südlichen Andamansee  über und unter Wasser erkunden.

 

Delhi – ein Moloch , schon im Sommer spannend,  ist die Ankunft in Delhi im Winter mitten in der Nacht und die Fahrt vom Flughafen ins Zentrum wie eine Fahrt durch die Apokalypse . Es ist Mitte Jänner  , sogar für unsere Begriffe unangenehm kalt , nebelig – die Menschen hier können mit der Kälte nicht  umgehen , viele leben auf der Straße , haben nichts anzuziehen . Und so  spiegelt die Fahrt zum Hotel Szenen aus Sciencefiction Filmen wieder wie die Welt nach dem Exodus aussehen wird . Jammergestalten sitzen am Straßenrand , in Zeitungspapier und Jutesäcke gehüllt , manche schlafen auf flachgedrückten Kartons - angesichts der Kälte zusammengerollt wie Säuglinge . Überall brennen Feuer wo einfach Müll verbrannt wird um sich ein wenig zu wärmen , zum Nebel kommt noch der Rauch der Feuer und der Gestank des verbrennenden Mülls . Es ist 02 00 Uhr nachts , am Weg zu unserem Hotel müssen wir über etliche dieser Gestalten auf Kartons einfach hinwegsteigen. Indien hat uns blitzartig in Beschlag genommen – es gibt keine Chance für eine Eingewöhnung . Und trotzdem hat Indien eine unglaubliche Ausstrahlung und Anziehungskraft – Indien ist kein Land – es ist eine Welt für sich – ohne Vergleich.

 

Am nächsten Tag holt uns der Wecker unsanft in  diese noch sehr fremde Realität zurück - die Müdigkeit des vergangenen Tages sitzt noch tief unter unseren Augenliedern. Doch wir nutzen gleich diesen 1. Tag für einen Ausflug nach Old Delhi - unser Ziel heißt Chandni Chowk. Hier ließ im 17. Jhd. der damalige Mogul-Herrscher eine prachtvolle zentrale Hauptstraße errichten. Die Straße verbindet die große Freitagsmoschee, die größte in ganz Indien, mit dem Roten Fort, Old Delhis größtem Bauwerk. Doch Chandni Chowk ist nicht bloß eine Straße und sie ist auch alles andere als herrlich. Aber hier erlebt man das wahre Indien. Abseits der geballten Kolonialarchitektur und auch der Neonreklamen in New Delhi zeigt sich hier, wie das Gros der Bevölkerung lebt und v.a. wovon die Menschen leben: vom Improvisieren! Kurt, dem Asien bislang fremd war, schweigt vorerst und ich sehe ihm an, dass er all das erst mal verdauen muss. Und auch wir brauchen immer so ein bisschen Eingewöhnungszeit. Ein nicht enden wollendes Gehupe, Gerüche, die unsere Nasen strapazieren, Schmutz an jeder Ecke, Mopeds, Autos, Rikschas, Tuk-tuks - und alle auf der "falschen Seite", Menschenmassen, eine oft beschämende Armut - Leben pur.

Wir streunen also herum, nehmen unsere Umgebung auf, tauchen ein ins Indische Essen, das uns trotz der relativen Kälte die Schweißperlen auf die Stirn treibt, und strapazieren unsere Sinne bis wir wieder ziemlich müde abends in unser Hotel kommen. Wir brauchen eine Pause - es ist Zeit sich auszuruhen.