Mandawa
Inzwischen haben wir bereits wieder Reiseroutine entwickelt und starten zielgerichtet in unseren Tag. Nachdem Christian unser Tourguide ist, natürlich ziemlich früh. Langsam haben wir alle Sinne auf diese Fremde Welt eingestimmt – wir gewinnen mehr und mehr Gelassenheit, die man ja auch unweigerlich braucht, um in diesen Ländern zu reisen.
Woran wir uns allerdings ein bisschen gewöhnen mussten ist die Temperatur. Wenn auch langsam etwas wärmer, so sind die Temperaturen abends und morgens empfindlich kalt. Wir haben mittlerweile alle Schichten an die der Koffer so hergibt. Dazu kommt, dass es natürlich auch keine Heizung in den Zimmern gibt. Das heißt also, nach dem Duschen nix wie ab unter die Decke – aber es gibt im Gegensatz zu Nepal wenigstens eine... Und Kurt hat ja aus dem Flieger seine "Für-Alles-Decke" mitgehen lassen - passend für Yoga-Übungen morgens auf der Terrasse oder eben auch nachts zum Zudecken.
Yoges, unser Fahrer ist uns bereits ans Herz gewachsen und wir sind ein gutes Team. Er fährt sicher, kann auch ziemlich gut Englisch, einzig die vielen Bodenschwellen übersieht er gerne und wir testen wieder mal unsere Bandscheiben.
Von Delhi ging`s nach Mandawa, einem kleinen Ort am Weg nach Radjastan. Der Ort ist bekannt für seine schön verzierten Havelis – die einstigen Domizile der reichen Handelsleute. Einst, als die großen Handelskarawanen durch`s Land zogen, wurde eben dort in den Innenhöfen gefeilscht und verhandelt. Die Frauen durften sich nur im 1. Stock aufhalten, jedoch über viele Fenster und Balkone war ihnen das Mitlauschen gestattet – so wussten auch sie immer über alle Geschäfte ihrer Männer bescheid – so finde ich`s auch richtig! Ja, man munkelt auch, dass die vielen Außengänge und Fenster an den gegenüberliegenden Hofhälften auch dafür gedacht waren, damit sich Frauen, die sich ja nicht ganz so frei auf den Straßen bewegen durften, untereinander unterhalten konnten. Angeblich nutzten sie diese Gegebenheiten zum Tratschen – unerhört! Ich denke da eher an die alltägliche Philosophiestunde!
Auch unsere Unterkunft war in einem wunderschönen Haveli und unser Zimmer war bis auf den letzten Zentimeter bemalt – gemalte Geschichten, die vielleicht mit Grund für unsere traumreichen Nächte waren.
Am Weg dorthin besichtigten wir eine der vielen Ziegeleien. Die Ziegel werden Stück für Stück händisch gemacht. Ein Mann knetet den Lehm mit Wasser, der Zweite drückt den Lehm in eine Metallform und lässt den Ziegel in Reihen am Boden liegen. Ein "uralter" Mann wendet in gemächlichem Tempo und stoischer Ruhe Ziegel um Ziegel. Zum weiteren Trocknen zu Wänden aufgestapelt warten sie, um mit dem Eselkarren zum Brennen gebracht zu werden. Auf einer riesigen Fläche (100x15m) werden die Ziegel von Frauen und Männern 3 Meter hoch in einem bestimmten Schema gestapelt, mit Sand abgedeckt und gebrannt. Gefeuert wird mit Häckselgut der Rapspflanze die rundherum in den bereits abgebauten Lehmgruben angebaut wird. Kinder laufen uns bettelnd nach und zeigen entweder mit den Fingern die typische Bewegung für Geld oder mit dem Wort Bonbon. Wir werden herzlich empfangen und die Menschen zeigen uns mit Stolz ihre Arbeit. Es ist schön, mal kurz einen Blick in ihre Welt werfen zu dürfen.
Der nächste Tag war den Tieren gewidmet. Zuerst in Deshnok den kleinen Nagern: Der Rattentempel! Hinduistisches Heiligtum, das dem europäischen Besucher doch einiges abverlangt. Wie in allen Tempeln heißt es natürlich Schuhe ausziehen.... und dann nochmal tief einatmen bevor man sich auf das Gelände begibt. Es ist eigentlich völlig unverständlich, weshalb es dort noch nie zu Seuchen gekommen ist, für die Inder allerdings ganz selbstverständlich. Ihre Ratten sind ja direkte Nachkommen Shivas, also heilig. So wuselt es also überall, die Gläubigen spenden ihnen Essen, beten zu ihnen und auch schon nichts scheinen sie daran auch nur im Entferntesten eklig zu finden. Kurt ging es hier glaube ich anders! Das größte Glück ist einem gegeben, wenn einem eine Ratte über die Füße läuft. Wir haben dies tunlichst versucht zu vermeiden. Christian hatte dennoch Glück - mit einem "Taubenschiss". Die Gläubigen teilen mit ihren Ratten das Essen und nehmen dann auch noch einen Schluck aus deren Milchschüssel. Irgendwann war`s uns dann doch zu viel... Aber auf jeden Fall sehenswert.
Die nächste Tiergattung waren Paarhufer: Camelfarm - Aufzuchtstation. 350 Kamele, eigentlich ja Dromedare, also mit einem Höcker, eingeteilt in male und female, in aggressiv und handsome, in Jungtiere und paarungsbereite.... Wir waren genau zum "richtigen" Zeitpunkt dort. Männliche Kamele stülpen einen ganz eigenartigen Brunftsack seitlich aus ihrem Maul und unter lautem Blöken und mit weißem Schaum vorm Maul stürzen sie sich auf ihre wartende Kamelkuh. Zuerst eine kleine Starthilfe für den Erstschuss von den Wärtern und schon geht`s zur Sache...
Morgen geht`s weiter in Richtung Wüste, nach Jaisalmer.