Dubai
Verzichtbare Dekadenz
Die Verschiffung von Bandar Abbas (Iran) nach Sarjah (VAE) war kurz zusammen gefasst grauenvoll und eine Zumutung sowieso. Für stolze 1300,-- Euro durften wir unseren LKW auf einer kleinen charmelosen Fähre über die Straße von Hormus bringen lassen. Das Abfertigungsprozedere auf beiden Seiten lässt einen an der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns zweifeln. Die wenigen Seemeilen bedurften einer Gesamtzeit von zwei!! ganzen Tagen, um sie zu bewältigen. Und die meiste Zeit verbringt man mit Warten! Vor einem Schalter, in einer Wartehalle, vor dem Schiff, im Hafen…. man wird weitergereicht, füllt Zettel aus, wartet auf Zettel, gibt Kopien der Dokumente ab, wartet,…. und wartet. Vergeudete Lebenszeit – so fühlt es sich an.
Und dann ist man irgendwann doch drinnen – landet in einer völlig anderen Welt. Vorerst sind wir in Sarjah, dem strengsten der Emirate, in dem der Konsum von Alkohol strengstens verboten ist, wo auch in den Hotels nicht ausgeschenkt wird. Aber dennoch, dort ist er, jener Duty Free, den alle kennen – und in dem es Alkohol gibtJ. Nicht, dass dies das Wesentlichste wäre – wenn auch nicht unwichtig – aber v.a. zeigt es die Scheinheiligkeit auf der Welt und hier im ganz Speziellen.
Der Föderation der 7 Emirate der V.A.E. steht Shaikh Zayed, Herrscher von Abu Dhabi, vor. Neben ihm ist Dubai das zweitreichste Emirat. Reich geworden schon vor den ersten Ölfunden, mit Perlenhandel und als Freihandelshafen. Die eigentliche Neuzeit der V.A.E. beginnt aber um 1962, als die ersten Barrels Abu Dhabi verlassen und die Petrodollars in die Emirate strömen. Shaikh Zayed, als dynamischer und aufgeschlossener Regent, ist voller Ideen und Visionen und versucht die Stämme der Shaikhtümer untereinander zu befrieden und ihm gelingt auch die Staatsgründung 1971. Ein gigantischer Aufbau an Infrastruktur beginnt. Vorrangig mit der Hilfe der Briten, deren Präsenz bereits 1622 mit ihrer Flotte der Ost-Indischen-Gesellschaft begann. Wichtige Wirtschaftszweige sind Bautechnik, Metallverarbeitung, Kunststoffe und Chemie, Textilien, Gold und Juwelen. Gerade in Dubai machen aber 90 % des Bruttoinlandsproduktes Handel und Tourismus aus. Von den rund 10 Mio Einw. der Emirate sind nur 10% Einheimische. So wird auch die meiste Arbeit von Ausländern bestritten. Wobei man versucht, für gehobene Berufe mehr und mehr Einheimische auszubilden. Die V.A.E. sind ein gigantischen Handels- und Steuerparadies und hält einem in jedem Moment vor Augen „wir sind hier die Chefs, und wenn es jmd. nicht gefällt, dann kann er ja gehen….“
Diesen Aspekt lernen wir mehrfach kennen. Die junge Generation der Emiratis, als Sohn oder Tochter geboren, hat nichts, aber gar nichts zu tun außer ihr Geld auszugeben. Sie sind oft unfreundlich, arrogant, laut und zumeist ungebildet da den Lebensunterhalt ja ohnehin jemand anderer bezahlt. Man lässt für sich arbeiten. Am Tag wird geschlafen und nachts werden die 600 PS Boliden gestartet und man liefert sich Wettrennen, treibt die Motoren permanent in den Drehzahlbegrenzer. Dies ist einer jener Aspekte, mit denen wir direkt in Berührung kommen, da die Möglichkeiten in Dubai mit dem LKW zu stehen begrenzt sind und der normal Reisende auch gerne mal schlafen möchte. Das ist jedoch kaum möglich, wenn um 02.00 Uhr nachts mit 600 PS neben dem Fenster Reifengummi verbrannt wird oder 25 Leute laut kreischend feiern, obwohl anderswo auch genug Platzt wäre. Nein – es muss jedes Mal neben unserem Fenster sein. Und die vorsichtige Frage, ob denn dies direkt neben unserem Auto nötig wäre, ruft augenblicklich den Patriotismus der Herrschaften auf den Plan und neben „fuck you„ und „this is my country„ gibt es noch so mancherlei neue Ausdrücke zu lernen. Was für ein Unterschied zur Gastfreundschaft der Türken oder Iraner. Mit Genehmigung der Dubai Municipality habe ich es geschafft eine Sondergenehmigung für einen erstklassigen Platz am Strand mit bester Aussicht auf die Skyline zu ergattern. Beinahe 10 Tage haben wir diese Aussicht genossen und es war ein idealer Ausgangspunkt für alle Erkundungen sowie ein würdiger Rahmen um Weihnachten und Silvester hier zu verbringen. Es würde nun den Rahmen sprengen sich weiter in Einzelheiten auszulassen, manches ist gut hier – vieles schlecht. Gastarbeiter, die wie Tiere behandelt werden, Millionen an Touristen die nichts als Konsum kennen und mit Airbus A 380 beinahe im Minutentakt landen – 24 Stunden, rund um die Uhr, nicht vorhandenes Müllbewusstsein. Was nicht gebraucht wird, lässt man fallen – ein Inder, Bangladeshi oder Pakistani räumt es schon weg. Gigantomanie im Bauwesen. Dubai plant nun mit über 1000 m Höhe einen noch gigantischeren Turm. Diese Liste könnte man fortsetzten. Man kann Aspekte der VAE durchaus interessant finden, der Preis hinter den Kulissen ist jedoch für so manchen hoch – vielleicht zu hoch. Im Grunde verzichtbare Dekadenz.