Schockstarre

Manchmal erfordert das Reisen selbst unsere ganze Aufmerksamkeit. Manchmal aber ergeben sich Zeitfenster und wir zappen uns durch die aktuellen News aus der Heimat. Vielleicht sollten wir das besser lassen???

Ekel-Video erschüttert verängstigte Mütter !!!! Schockierender Fund erregt die

Gemüter !!!!! Mir schaudert bei dieser Überschrift und ich stolpere in die Untiefe dieses Artikels. Ich wundere mich immer wieder, welch Geisterarme im Hintergrund mir journalistischen Müll auf meine Google-News-Seite schleudern. So machtlos wie ich dagegen bin, so wirklich herzhaft muss ich ob der Zeilen allerdings lachen! Man möge mir meine Ignoranz gegenüber sensibleren Seelen verzeihen, aber ich kann grad echt nicht anders. Ein kleines Mäuslein !!! hat sich in die Baklava Theke eines türkischen Ladens verlaufen und lässt die Menschen erschaudern! Auf dieser Welt scheint wirklich nichts mehr verhältnismäßig. Wir wandeln gerade von einem Nachtmarkt zum nächsten, genießen Chicken Satay und Sticky Rice im Bananenblatt und inhalieren dabei das olfaktorische Feuerwerk, das sich uns bietet. Nicht, dass hier überall Mäuse und Ratten über das Essen laufen würden, aber JA, es kann schon mal sein, dass ein kleiner Nager sich zwischen die vielen Kisten, Töpfe und Pfannen verirrt.

Das, was mich an der Geschichte aber wirklich erheitert, ist die Tatsache, was der typische Mitteleuropäer für sein Gefühl von Sicherheit benötigt. Die Annahme, ein Mäuslein in der Schaufenstertheke sei ekeliger als die Spritzmittel auf dem viel zu früh geernteten Gemüse, oder die Haltbarmacher in den Wurstwaren, ist schon ein Treppenwitz für sich. Mit Maus verbindet anscheinend so manches Gehirn die Ratte und mit Ratten die Pest und schon sind wir tief im Mittelalter beim schwarzen Tod angelangt. So irgendwie müssen die Windungen im angstbesetzten Mitteleuropäergehirn wohl verdrahtet sein. Anders ist es nicht zu erklären, was dieses kleine Mäuslein auszulösen vermochte. Auch wir überlassen unseren Kellermäusen nicht ganz kampflos das Revier. Aber in Schockstarre versetzen sie uns sicher nicht.

Ich erinnere mich an den Rattentempel in Deshnok in Nordindien. Dort haben die kleinen Nager Heiligenstatus erreicht und sind über jegliche Krankheitsverbreitung erhaben. Ganz im Gegenteil bedeutet es das größte Glück für den Pilger, wenn Maus höchstpersönlich über den Fuß trippelt!

Überhaupt empfinde ich das überbordende Regelwerk in Österreich stark überzogen, vom goldenen Mittelweg weit entfernt. Würde man in Asien oder Afrika nur einen Bruchteil dieser Vorschriften implementieren, die Welt hier stünde still.

So aber dreht sie sich munter weiter und wir setzen uns wieder ohne Helm auf unser Moped, biegen auch mal bei rot ab, wenn sonst kein Fahrzeug da ist, erfreuen uns weiter an den Köstlichkeiten der Garküchen und ich spende im Geisterhäuschen mein letztes Oreo-Keks, das sich gleich das Mäuschen holen wird.