Der Nordwesten

 

Wir machen uns auf in die Provinz Mae Hong Son. Die Region gehört zu den ärmsten des Landes und wird überwiegend von Bergvölkern und Shan  bewohnt. Auf unserer Strecke durch den Doi Inthanon Nationalpark machen wir wieder eine wohlbekannte Erfahrung: Wollen wir Berglandschaften sehen, dann sollten wir lieber in Europa bleiben (mit Nepal als Ausnahme, versteht sich). Die Gegend ist jetzt im asiatischen Winter extrem trocken und nicht selten passieren wir Abschnitte, die der Brandrodung zum Opfer gefallen sind. Der Gipfel des Doi Inthanon, des höchsten Berges Thailands, sitzt mit seinen 2565 m dicht im Nebel, ist also kein Anreiz für eine Fahrt ganz nach oben. Unser gemieteter Automatik-Bolide, irgendein Honda, ist zwar sonst sehr brav, aber mit der Motorbremse haben es die Thais anscheinend nicht so. Das bedeutet also bergab permanent auch mit dem Fuß auf der Bremse zu stehen, eben so lange, bis dieselbe zu stinken beginnt. So wägen wir demnach gut ab, wann wir dieses verbleibende Restrisiko heißgelaufener Bremsen eingehen möchten. Und sicher nicht für einen Blick in eine Nebelwand! Insgesamt stellen wir fest, dass es sehr diesig ist und die Regenzeit vielleicht doch die bessere Reisezeit für diese Region wäre. Dann muss man zwar immer wieder mal mit einem Schauer rechnen, aber die Luft wäre viel klarer.

 

Hier ganz im Nordwesten gibt es mehrere Flüchtlingscamps, in denen hauptsächlich Menschen aus Myanmar unter teilweise bedrückenden Lebensbedingungen ihr Dasein bestreiten. Meist stammen sie vom Volksstamm der Karen. Ebenfalls aus Myanmar hierher gebracht wurden die Langhals-Frauen vom Volk der Padaung-Karen oder Kajen, wie sie sich selbst nennen. Sicher hinterlässt der Besuch eines dieser typischen Dörfer irgendwie zwiespältige Gefühle. Aber sie sind in ihrem Heimatland nun mal nicht mehr willkommen, hier sind sie zumindest geduldet und verdienen mit den Touristen ein kleines Zubrot. Aber Ja, wieder die Frage, was ist richtig?

 

Die Wasserfälle der Region können den eingefleischten Österreicher jetzt natürlich nicht wirklich vom Hocker reißen, trotzdem sind es immer wieder nette kleine Spaziergänge in sehr ursprünglicher Dschungelumgebung. So gibt es  für uns also keine großen Highlights hier, aber wir befinden uns inmitten thailändischen Lebens – und auch das ist schön. Zum Markttag, schon ziemlich hoch oben, kommen Vertreter unterschiedlicher Bergvölker und bieten ihre Waren an. Dort habe ich auch meine Liebe zu gebratenen Süßkartoffeln entdeckt. Es ist Erdbeerzeit und so leuchten all die prall gefüllten Töpfchen nur so aus den Marktständen heraus. In den Bergen trifft man auf  Menschen in typischen Trachten, wenngleich bei weitem nicht so häufig wie z.B. in Burma. Auch das ist so eine Feststellung, dass, wenn uns Menschen in der auch bei uns üblichen Kleidung begegnen, dann geht ein Großteil der Exotik verloren. Und hier in Thailand ist das der eher übliche Zustand.

 

Wir nehmen auf unserer Strecke eben alles mit, was uns sehenswert erscheint. Und so spazieren wir durch manchen Bambuswald – übrigens sehr beeindruckend – stolpern über das eine oder andere Kloster, wackeln über Hängebrücken und passen im Dschungel immer ganz genau darauf auf, ob wir durch das oft dichte Grün nicht den Weg einer dieser verdammt ekligen und handtellergroßen Spinnen kreuzen. Auch während ich hier auf der Veranda unseres Guesthouses schreibe, sitzt schon wieder so ein Genosse genau über mir!

 

Natürlich haben wir auch ein Elefanten-Camp besucht. Die stolzen  Dickhäuter bringen Touristen von A nach B, dann lassen sie sich genüsslich im Fluss von denselben mit Wasser bespritzen und immer auch sind sie dankbare Futterverwerter von allem, was man ihnen offeriert. Auch das ist absolut künstlich, wie Vieles in Thailand, hat mit artgerechter Tierhaltung nichts zu tun. Aber würden die Elefanten nicht auch eine lukrative Einnahmequelle sein, sie wären wohl völlig ungeschützt,  gierigen Elfenbeinjägern (wenn auch strengstens verboten) ausgeliefert oder sie würden einfach abgeknallt. So werden sie wahrscheinlich noch am pfleglichsten behandelt. Natürlich kann ich das hier nicht mal im Anflug mit jenem Erlebnis vergleichen, als wir die Dickhäuter in Südafrika in einem der NPs beobachten durften. 

 

Es ist vielleicht sogar ganz gut, dass fehlende Attraktionen uns ganz automatisch einen Gang zurückschalten lassen,  wir wären im Moment nämlich gar nicht dazu fähig. Ich habe wieder einmal bei meiner typischen Monsterverkühlung laut „hier“ geschrien und leider Christian gleich angesteckt. So ist die Klorolle zum Schneuzen zu unserem ständigen Begleiter geworden, daneben teilen wir brüderlich und schwesterlich die letzten Halstabletten und Hustenzuckerln und Nasentropfen. Ja, und mein  Hörvermögen ist dermaßen eingeschränkt, dass es manchmal wirklich lustig ist – sprechen ohne Sichtkontakt derzeit nicht möglich! Ich hoffe auf das Beste für den Inlandsflug morgen – da sollte ein Druckausgleich in meinen Ohren wieder möglich sein, sonst wird`s übel!!! So war also auf unserer Strecke durch den Nordwesten auch ganz viel Pause angesagt….