Umkehrpunkt ganz weit im Osten

 

Karakol,Hot Springs und

Fairy Tale Canyon

 

Im Riverside GH in Karakol angekommen, treffen wir wieder auf Silvia und Christof und auch Wolfgang und Margit kommen nach. Die Einfahrt in den Innenhof ist eng aber nicht zu eng …. und trotzdem, es ist wie verhext … Christian lenkt falsch ein und schon wankt die Eisenstange und wir haben einen saftigen Riss in unserer hinteren Ecke des Shelters. Mit Seilzügen ist das Tor bald wieder repariert, das Loch in der Kabine lässt sich wohl erst zu Hause ordentlich reparieren. Ja, und bald kommen noch Luka und Paulo, zwei Italiener mit denen Christian schon länger in Kontakt steht, da sie auf derselben Route unterwegs sind. Neben Luka`s MAN sieht unser Styros fast noch niedlich aus. Und als Luka sich einzuparken versucht, ist das Tor endgültig kaputt!! Jetzt hilft nur noch der Nachbar als Schweißer!!! Luka braucht erst ein bisschen, um sich vom Schock zu erholen, aber wir freuen uns alle sehr, einander mal persönlich kennenlernen zu können. Abends gibt’s dann echten italienischen Prosecco, einen italienischen Vorspeisenteller und Pasta von Paulo! Ein schöner gemeinsamer Abend im Garten des GH.

Am Sonntag gibt es wieder den allwöchentlichen Viehmarkt in Karakol und den nehmen wir natürlich mit. Das Gelände ist riesig, die Anzahl der Tiere beträchtlich. Ich habe völlig die kühlen Temperaturen früh am Morgen unterschätzt und friere – bis Christian für mich diese Rolle übernimmt und mir seinen Pullover gibt J.  Es staubt gewaltig auf dem Gelände und stinkt dafür umso mehr. Unzählige Rinder, Schafe und Pferde suchen einen neuen Besitzer. Es wird gefeilscht, die Scheine wandern von einer Hand zur anderen und die Viehcher auf den nächsten Pickup. Auf Fleischmärkten haben wir uns schon öfter gefragt, woher diese riesigen, ja für uns ekeligen, Fettberge auf den Verkaufstischen kommen. Jetzt wissen wir es: von den Fettschwanzschafen!!!! Diesen großen Huftieren hängt am Hinterteil eine Art Polster dran, der ausschließlich aus Fett besteht und sich bei den Kirgisen ganz offensichtlich großer Beliebtheit erfreut. Auf meine Frage hin „was tun mit dem Fettberg???“, ernte ich immer nur die Geste „ja, ja zum Essen… und guuuut“. Nun ja, wer`s braucht…. Wir waren schon früh am Markt, also gab´s Frühstück erst danach … aber ganz europäisch, Ei, Käse, Marmelade und Butter J - alles vom Guesthouse selbst hergestellt und ganz ausgezeichnet.

Karakol ist eine russische Kolonialstadt aus dem 19.Jhd., bietet an architektonischen Relikten aber nicht mehr viel. Aus China geflohene Dunganen wurde die Errichtung eines Gotteshauses gestattet, das noch heute der muslimisch dunganischen Gesellschaft als Moschee dient. Ganz aus Holz und recht attraktiv anzusehen.

Da schlechteres Wetter angesagt ist, steuern wir nach zwei Tagen Hot Springs nicht weit entfernt von Karakol an. Die Anlage ist von Einheimischen gut besucht, aber auch wir finden dort einen brauchbaren Parkplatz für die Nacht und ein paar richtig schöne Stunden in den heißen Pools. Christian kann seine Sehnsucht nach seiner geliebten Sauna etwas stillen und ich entspanne meine malträtierten Rückenmuskeln im heißen Wasser.

Wir sind mittlerweile am östlichsten Punkt unserer Reise angelangt und befinden uns mit jedem weiteren Tag quasi auf Heimreise. Jeder, der meine Berichte mitsamt Zwischentönen liest, weiß, dass ich darüber sehr froh bin. Ich kann mich des immer stärker werden Gefühls von Heimweh nicht erwehren, verstärkt auch durch all die Strapazen, die diese Reise mit sich bringt. Empfindungen sind bekanntlich immer subjektiv und so sind auch die meinen zu verstehen. Wie auch immer, mir passt dieser „Point of return“ jetzt sehr gut!

Lange Zeit stand unser Plan, über Afghanistan und den Iran zurück nach Georgien zu fahren. Wir haben das Carnet für den Iran, haben Kontakte in Afghanistan geknüpft und alles hat wirklich vielversprechend ausgesehen. Doch letztlich haben wir anders entschieden. Die politischen Konflikte in Nahost und auch die Ungewissheit über die Qualität der Straßen in Afghanistan haben letztlich den Ausschlag dafür gegeben. Konflikte treffen den Reisenden oft kaum, aber Grenzen können rasch mal unpassierbar werden. Und das haben wir alles schon erlebt (Covid 19…), wollen also keine Wiederholung. Und ich muss gestehen, alleine die Vorstellung, 3 Grenzübergänge mehr zu haben, 2000 km mehr Strecke zu fahren, viele davon über scheußlichste Pisten … ich will gar nicht daran denken, mag einfach nicht mehr. Somit führt unser Rückweg über Kasachstan und Russland – die genaue Route lassen wir uns noch offen.

Wir beschließen, nur noch „schöne“ Dinge zu machen – sofern halt planbar – und die schwierigen anderen zu überlassen. Ein Besuch des Skazka (= Märchen) oder Fairy Tale Canyons gehört hier aber auf jeden all dazu. Wir stehen gemeinsam mit zwei anderen Fahrzeugen ganz nahe am Eingang und wandern dann früh morgens in das Tal. Es hat über Nacht ziemlich stark geregnet und ich tapse wie ein blindes Huhn gleich knöcheltief in den roten Morast, was mir für den Aufstieg ein zusätzliches Gewicht von mindestens 1 kg Lehm an meinen Füßen beschert. Hier im Canyon haben die Kräfte der Natur ganze Arbeit geleistet. Wind und Wasser haben skurrile Formationen aus Sandstein erschaffen. Im Licht der Sonne glühen sie von rot, über gelb bis orange. Eine wirklich schöne kleine Wanderung durch diese Märchenlandschaft und ein beeindruckender Kontrast zum sonst weitgehend grünen Kirgistan.