Letzte Tage Russland

 

Fahrt über die Berge

Grozny

 

Für unsere letzten Tage in Russland bleibt nicht mehr viel übrig, wir sind eindeutig auf dem Heimweg und machen keine allzu großen Sidesteps mehr, obwohl uns Dagestan wirklich gut gefällt. Kaum sind wir gestartet, und es geht wieder mal den Berg nach oben, befinden wir uns abermals auf Piste! Und der Blick entlang des Berges zeigt, dass sich diese den ganzen Berghang entlang windet. Uns graut bei der Vorstellung!!! Aber nach einer noch grauenhaften Baustelle entpuppt sich der Untergrund als gut befahrbar und nicht nur das! Die Landschaft selbst ist eine Augenweide! Schroffe Hänge, aber mit einer fast flauschigen grünen Grasnarbe. Das Wetter ist wechselhaft, Wolken ziehen und wir hoffen immer, dass des trocken bleibt und die Piste nicht zu einer Rutschpartie wird. Aber alles verläuft gut und wir genießen diese Fahrt sehr. Irgendwann ist es dann aber genug und wir beschließen, bevor es auf der anderen Seite wieder runter geht, noch eine Nacht hier oben zu verbringen. Und was für ein Standplatz! Auf einer Klippe thronen wir fast ganz nahe am Abgrund, unter uns ein tiefes Tal und am Gegenhang einige, z.T. richtig große Dörfer. Doch die Gegend ist so abgeschieden, dass wir das hier so einfach nicht erwartet hätten. Auch die Zufahrtswege zu diesen Dörfern sind alles andere als einfach. Verschlungene Wege, unzählige Pisten! Und als es Nacht wird, die Lichter in den Dörfern angehen, da haben wir das Gefühl, wie aus einem Raumschiff nach unten auf die Erde zu sehen – sehr spektakulär. Und der Vollmond legt dann noch ein Schauferl nach.

Auf unserer weiteren Route liegt am nächsten Tag noch ein interessanter Punkt – eine sehr archaische Salzabbaustätte. Die Anfahrt in dieses Tal macht uns rasch klar, dass Styros hier draußen bleiben muss. Die Zufahrtsbrücke hat eine Beschränkung von 8 Tonnen – da sind wir zu schwer! Also suchen wir uns etwas abseits einen Übernachtungsplatz und gleich am nächsten Morgen fahren wir per Autostopp entlang des Andiyskoye-Flusses ins Tal. Eine kurze Wanderung bringt uns zur gesuchten Stelle. Leider wird heute wenig gearbeitet, nur einige Frauenhände sind am Tun. Wir bekommen keine ganz klaren Erklärungen, hier fehlt einfach das gegenseitige Sprachverständnis. Auf jeden Fall gibt es irgendwo eine salzhältige Quelle und es riecht in der ganzen Ecke nach Schwefel. Dieser anfangs noch schwarze Schwemm-Sand wird in mehreren Stufen getrocknet und dann wird über ein Flies das Salz aufgefangen. Wir werden aus dem ganzen Prozedere und der Stätte, die wir hier sehen, nicht ganz schlau und in diesem Fall hilft uns auch das Internet nicht wirklich weiter. Im Ort sehen wir einen einsamen Verkaufsstand mit jetzt allerdings weißem Salz. Dass sich bei dieser archaischen Vorgangsweise der Verkauf auch überhaupt lohnt, können wir uns ohnedies nicht vorstellen. Per Autostopp geht es erneut zurück zum LKW und weiter, wieder über einen weiteren Pass nach Kezenoy am See. Ein wirklich schöner Almsee, ein Ausflugsziel auch für die Einheimischen. Eine Gruppe Frauen lädt uns gleich freudig zum Picknick und zum Mittanzen ein, da eines der Mädels eben geheiratet hat. Die Stimmung ist ausgelassen und sehr herzlich. Wir bleiben jedoch nicht über Nacht, sondern wollen noch weiter über den Pass, da schlechtes Wetter angesagt ist und wir dann schon lieber weiter unten im Tal wären. Mittlerweile haben wir die Landesgrenze zu Tschetschenien überschritten und das sieht man spätestens, wenn man durch die ersten Dörfer fährt. Der typische Tschetschenenbart der meisten Männer ist nicht zu übersehen. Und das Foto Kadyrows prangt von unzähligen Plakaten, oftmals gleich neben Putin. Ich finde ja nicht, dass dieser Bart und diese (wie meine Oma gesagt hätte) Reindl-Frisur zur Verschönerung der Männer beiträgt, aber das sei dahingestellt. Wir passieren einige Kontrollposten, uns winkt man aber immer freundlich durch. Und so kommen wir auch bald in der Hauptstadt der Teilrepublik, nämlich in Grozny, an. Bei der Hinreise haben wir die Stadt nur im Süden touchiert, diesmal wollen wir sie uns anschauen. Wieder einmal ist es möglich, auch mir unserer großen Kiste mitten im Zentrum zu parken und wir sind auch bald zu zweit am Platz, weil Martin und Gabi mit ihrem MAN nachkommen. Am Platz ist eine Militärausstellung, es gibt ein paar Umleitungen und auch bewaffnete Soldaten sind vor Ort. Aber wir erfahren nur Unterstützung auf der vollen Linie - wo wir langfahren sollen, wo wir parken dürfen und überhaupt. Die Jungs mit den… sorry… wirklich hässlichen Bärten, dem vermeintlich grimmigen Aussehen, sind alle überaus freundlich und nett. Die Stadt macht einen sehr charmanten Eindruck. Und überhaupt hat man hier nicht das geringste Gefühl, das Land wäre von Sanktionen gebeutelt. Es gibt alles, die Geschäfte sind voll, auch mit ausländischen Waren und man merkt nicht, daß etwas fehlen würde. Sehr eigenartig. In Grozny versuche ich es wieder mal mit einem Frisör und das gelingt hier deutlich besser als damals in Leh (Ladakh)J. Die Stadt bietet eine wirklich schöne Moschee, die auch abends herrlich beleuchtet ist. Zu viert gibt es auch noch ausgezeichnetes Abendessen in der Stadt und somit einen allgemein schönen Russlandausklang. Unseren Plan, auch noch Wladikawkas zu besuchen, sagen wir wegen Schlechtwetter ab. Der „Besuch“ des Metromarktes bleibt alles, was wir noch von Russland mitnehmen, bevor es an die Grenze geht.

 

Wie immer machen mich solche Grenzen ein bisschen nervös, man weiß nie ganz genau, was kommt. Jeder erlebt es auch anders. Mal stehen Mitreisende elendslange an, mal gibt es Ungereimtheiten mit Zollpapieren, mal einfach nur Missverständnisse – wie gesagt, ein kleiner ungeliebter Spannungseffekt bleibt immer. Aber NEIN, es war gar nichts. In beinahe galaktischen zwei Stunden waren wir aus- und in Georgien wieder eingereist! Die Kontrolle – wohlgemerkt bei der Ausreise :::!!! – in Russland war umfassend, aber der Mann war schnell! Er hat sich jedes Fach, jede Stauklappe, einfach alles öffnen und zeigen lassen. Der oberflächlich rasche Blick hat ihm allerdings definitiv nichts „verraten“ können. Außer vielleicht, dass im Kühlschrank kein Hund und im Außenstaufach nur Campingsessel und kein Mensch versteckt ist. Sonstige Erkenntnisse – einfach unmöglich. Aber was soll`s, wir haben geduldig alles geöffnet und wieder geschlossen und fertig waren wir J. Und in Georgien hieß es einfach nur „Welcome back“.