Erste Tage in Kirgistan

 

Pik Lenin

 

Sary Tash – Pik Lenin BaseCamp – Travveler`s Pass

 

Wir betreten wieder Neuland, fremden Boden, unser achtes Land seit unserer Abreise von zu Hause. Es bereitet mir manchmal nun schon Mühe, alle Details noch auseinander halten zu können. Welche Währung haben wir hier? Welche Uhrzeit ist die richtige? Wie grüßt man sich hier nochmal? Geschweige denn, wenn dann eine Frage von Nachreisenden kommt, ein bereits vergangenes Land betreffend. Spätestens da bemerke ich, dass mein Kopf schon ziemlich voll ist. Die Einreise war problemlos und so heißt es einfach, den ersten Ort anzusteuern, um uns wieder eine Sim Card zu besorgen, Geld zu wechseln und Notwendiges einzukaufen. Das übliche Prozedere für den ersten Tag in einem neuen Land. Sary Tash, so heißt der Ort 30 km nördlich der Grenze, ist einfach nur ein „Kaff“, anders kann ich es nicht beschreiben. Die Ankündigung, hier in Kirgistan wird alles einfacher, leichter, komfortabler, die bestätigt sich in diesem ersten Moment noch nicht. Aufgrund eines Stromausfalls frisst der Bankomat gleich mal die Karte unseres Mitreisenden und 1 Stunde Warten ist angesagt. Frisches Obst und Gemüse einkaufen…. Na ja, wir nehmen, was es eben gibt. Ein paar runzelige Karotten, Tomaten, Gurken, einen Krautkopf und ein paar Pfirsiche. Englisch? Fehlanzeige. Wir denken nicht weiter darüber nach, fahren zu unserem nächsten geplanten Ziel: Das Pik Lenin Base Camp. Mit 7134 m ist dieser Riese der höchste Berg der Transalai-Kette im nördlichen Teil des Pamirs. Für viele Alpinisten gehört er fix auf ihre Bucket List, einmal muss man hier oben gewesen sein. Davon sind wir allerdings weit entfernt – wir möchten bloß eine Wanderung machenJ. Die Piste bis zum Base Camp ist anspruchsvoller, als gedacht. Nicht gefährlich, aber wieder etwas mühsam. Als schmale „Straße“ eingezeichnet, erwarten uns leider wieder ca. 3 Stunden Geholper. Nun gut, wir sind das eh schon gewohnt – Augen zu und durch. Insgesamt – bereits ab der Grenze – ist es deutlich grüner geworden und das erfreut unser Auge. Weite Wiesen breiten sich vor uns aus, Wasserläufe unterteilen das Grün, die ersten Yakherden grasen gemütlich vor sich hin, große Herden frei laufender Pferde, Schafe und Ziegen. Wir holpern an mehreren YurtenCamps vorbei, weit verstreut auf dieser riesigen Hochebene. Eine beeindruckend schöne Gegend!

Kaum erübrigt der Tag ein paar Stunden „Freizeit“, soll heißen, wir fahren nicht, haben bereits gegessen und den LKW auf Vordermann gebracht, dann fasse ich entweder zusammen, was zuletzt geschah (so wie jetzt eben), oder ich recherchiere für die kommenden Tage. Und heute passt genau das, weil…. draußen wechseln sich Regen und Schnee ab J. Als ich am nächsten Morgen aus dem Fenster blicke, scheint schon ein bisschen die Sonne! Juhuuu. Der Boden allerdings, der ist schneebedeckt! Tja, wir sind wirklich hochalpin unterwegs. Trotzdem scheint alles zu passen und wir starten los. Die erste Hügelkette geht es mit dem russischen Militärlaster nach oben und erst ab dort zu Fuß weiter. Mit uns so ca. 10 Alpinisten, die noch Größeres vor haben und den Weg ins erste Höhenlager absolvieren. Welches Ziel jeder einzelne von ihnen erreichen wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Aber sie haben alle ihre Träume und ich bemerke ihre Konzentriertheit hier eng gedrängt im LKW. Bald hinter uns folgt die Karawane der Packpferde mit ihren Reitern, die alles Nötige für die Hochlager nach oben transportieren.

Ich bin mir nicht sicher, wie es mir auf unserer Tour gehen wird, habe ein bisschen Sorge ob der fehlenden Kondition, zumal wir in den letzten beiden Monaten wirklich wenig Bewegung gemacht haben. In erster Linie bestand sie in isometrischer Muskelaktivität beim Abstützen gegen das Geholper auf schlechten Straßen. Aber wodurch auch immer… es geht mir hervorragend und alleine deshalb empfinde ich diesen Wandertag als grandios. Das Wetter ist nicht ganz optimal, aber es passt durchaus. Die letzten Serpentinen zum Traveller`s Pass werden immer matschiger, weil die Pferde die dünne Schneeschicht mit der Erde darunter zu einer rutschigen, breiigen Masse zertrampelt haben. Also Aufpassen ist angesagt. Aber niemand rutscht aus, allen geht es gut und Christian, Sibyl und ich, wir verbringen ein paar coole Stunden im Hochgebirge mit einem schönen Blick auf den wohl bekanntesten 7000der der Region!

Abends gibt es noch ein gemeinsames Abendessen in einem der Yurtencamps. Derer gibt es viele hier oben. Wir jedoch sind froh, dass wir Styros mit Heizung und Dusche haben und nicht in einem der kleinen Trekker-Zelte wohnen müssen. Das Wetter wechselt nämlich beinahe stündlich von Sonne über Wind zu Regen und Schnee. Für die Wanderung haben wir tatsächlich ein „Fenster“ erwischt. Die Saison hat ja eben erst begonnen, aber schon jetzt ist einiges los hier.

Unsere Sorge, die Piste bergab könnte nach dem Schneefall eine Rutschpartie werden, bestätigt sich nicht. Ganz im Gegenteil, wir warten beinahe auf die riskanten Stellen, an die wir uns bei der Bergauffahrt erinnern können. Doch sie kommen irgendwie nicht. Anscheinend haben wir uns schon so an diese Pisten gewöhnt, dass uns nichts mehr erschüttert und wir die Fahrt nach unten bei schönem Wetter richtig genießen!

Nun ist vorerst aber mal genug mit Bergen und Pisten, unser Weg führt uns weiter nach Osh, in die zweitgrößte Stadt Kirgistans. Ich freu mich auf ein bisschen urbane Abwechslung ..:)