Die Rettung der Grapefruit

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Ein wieder langer und anstrengender Fahrtag entlang der Seidenstraße geht zu Ende und wir sitzen gemütlich mit einem Bier vor dem LKW. Wir stehen nahe dem Dorf Dedemel auf 2100 m Seehöhe in den noch grünen Bergen Kirgistans. Zwei Jungs kommen neugierig auf ihrem Esel vorbei. Christian zeigt ihnen auf unserer Landkarte am LKW woher wir kommen. „Austria“, „What´s your name?“ frage ich. „My name is Elli“, und das Übliche eben, was in einer ersten Annäherung ohne gegenseitige Sprachkenntnis so möglich ist. Christian gibt ihnen noch zwei Grapefruits aus unserer wohl gehüteten Obstkiste, die im Schatten unter dem Auto steht. Solche Köstlichkeiten hier zu bekommen, ist nicht einfach, und wir freuen uns immer riesig über jeden guten Fang aus einem der oft spärlich bestückten Läden. Die beiden ziehen strahlend weiter ein Stück nach unten zu einer kleinen Wasserpfütze, wo ihre Freunde schon das kühle Nass genießen.

Christian macht noch eine Runde mit der Kamera und ich bereite im LKW langsam Abendessen vor, während ich den Kindern voller Freude beim Plantschen in der Ferne zusehe. Ein idyllisches Bild, üppiges Grün, wilde Blumenwiesen, ein Bach, fröhliches Kinderlachen, wir sind sehr zufrieden.  Irgendwann verschwinden die Jungs aus meinem Blickfeld, vielleicht sind sie ja ins Dorf zurück gegangen. Doch da entdecke ich im Augenwinkel eine Meute geduckter Kinderrücken nahe am Auto und plötzlich… lautes Geschrei! Eine lärmende Schar verschwindet mit flinken Beinen und unseren Obstsäcken über die Hügel. Unsere Grapefruits haben unmissverständlich den Besitzer gewechselt! Christian kommt eben zurück und mit der Kraft eines Jägers, der seine Beute zurück haben will, stürmt er ihnen nach. Ich brülle der räuberischen Bande noch Schimpftiraden hinterher – glaube vermeintlich sie damit von ihrem Vorhaben abzubringen. Ohne Erfolg, versteht sich. Christian ist ihnen dicht auf den Fersen, da tauchen sie unter, verstecken sich klein geduckt im hohen Gras, unsichtbar für ihren Verfolger. Nur leider…. der Esel spielt nicht mit! Kopf und Ohren leuchten in der Sonne. Pech für die Diebesbande, und da schnappt die Falle zu. Christian erwischt einen von ihnen. Großes Gebrüll, Gezeter, eine kleine Träne, weil erwischt worden. Doch der Verfolger macht deutlich: Diebesgut zurück, sonst geht es ab zu Mama und Papa! Reue zeigt sich, ja ja, sie bringen „das schwarze Paket“ (so übersetzt es das Handy)! Und tatsächlich, nach einer Stunde finden die Grapefruits ihren Weg unversehrt zu uns zurück und auf GoogleTranslater steht „sei bitte nicht böse“. Natürlich nicht, ist ja alles wieder gut, aber „don`t do this again“.

Mit dem Gefühl, richtig gehandelt zu haben, widmen wir uns wieder unserem schönen Abend. Schließlich haben sie es verstanden und sich ja entschuldigt! Da ruft es plötzlich vom Teich unten zu uns nach oben „Australia, Austrialia….“ (weil wir ja immer verwechselt werden) und unter lautem Gebrüll drehen sich acht Jungs mit dem Rücken zu uns, lassen die Hosen runter und ziehen ihre letzte Trumpfkarte im Spiel der Mächte J.