Abenteuer Richtung Chorugh

 

Der letzte Tag der Nordroute war landschaftlich der schönste. Die Piste wieder anstrengend, aber die Umgebung hat uns entlohnt. Es geht auch über den 3300m hohen Khoburabot Pass. Die Straße ist beeindruckend, schmiegt sich gefährlich an die steilen Felswände. Manchmal gibt es beängstigende Überhänge, die gerade noch hoch genug sind, dass wir unten durch kommen. Wir sind froh, dass es nicht regnet, sonst würde sich der lehmige Boden in eine Rutschpartie verwandeln (was uns andere Reisende schon erzählt haben). Wir haben Glück mit dem Wetter!

Unsere lose Truppe trifft kurz vor Kulaikum wieder aufeinander. Manche sind eben schneller, wir ein bisschen langsamer. Alles hat irgendwie mit Radstand und Federweg zu tun. Ich weiß auch nicht recht, aber manchmal frage ich mich, ob wir tatsächlich ein „Expeditionsmobil“ für Offroad-Strecken haben. Nämlich immer dann, wenn ich tatsächlich nach längerer Fahrt meine Armmuskulatur spüre, weil ich mich ständig entweder nach oben drücke, oder rechts ober der Tür am Griff festklammere, um nicht wie eine Fadenpuppe durchs Fahrerhaus zu baumeln. Na jedenfalls ist es immer wieder nett, sich mit anderen auszutauschen, die persönlichen Pläne zu schärfen und zu schauen, welche Synergien sich auf dem nächsten Abschnitt bilden werden. Und das wechselt immer wieder mal – der Informationsausstauch bleibt aber für alle innerhalb der Gruppe vorhanden und ist hilfreich.

Nun aber folgt ein neues Abenteuer. Wir fahren im tiefen Tal des Pandsch nach Süden, nur der Fluss trennt uns von Afghanistan. Anfangs ist das Tal wirklich spektakulär, die Wände ragen hoch auf, das Gestein wirkt fast bedrohlich, die Piste ist wieder grauenvollJ. Wir haben eigentlich Glück, da Feiertag ist und somit weniger Verkehr auf der Straße. Nicht verschont uns das jedoch von den Baustellen, von den Engstellen, die man sich mit Sattelzügen teilt, vom Staub auf der Piste und den vielen Löchern.

Ja, und eines dieser Löcher ist dann wirklich tief! Es ist kein Loch, es ist eine tiefe Senke, die sich mit unserem Radstand gerade noch ausgehen kann. Aber dummerweise ist genau an der tiefsten Stelle ein Stein, an dem wir mit dem Ersatzreifen, der an unserem Böschungswinkel unten dran hängt, festfahren. Daraufhin verschiebt sich dieser noch und drückt auf das Ventil des Federspeichers. Der entleert sich blitzartig und sprichwörtlich geht nichts mehr - keine Chance! Wir stehen gefühlt 45 Grad steil nach oben und ich bekomme zum Aussteigen meine Tür gegen die Schwerkraft gar nicht auf. Da heißt, zu versuchen, erst mal Ruhe zu bewahren! Hinter uns geht natürlich nichts mehr, nur die Gruppe Motorradfahrer quält sich irgendwie vorbei. Rene und Gerd helfen gleich beim Schaufeln, die Chinesen, die an der Baustelle arbeiten, rühren keinen Finger!! Dann die geniale Idee, einfach von unserem Ersatzreifen am Stollen etwas Gummi abzuschneiden, damit mehr Raum zum Ventil entsteht! Lösung gefunden! Die Bremse lässt sich wieder lösen, nachdem Christian die Zündung eine Zeit lang laufen lässt. Dann noch Allrad, Untersetzung, 1. Gang und alle Sperren rein,  Styros wälzt sich aus der Grube raus! Also alles gut gegangen, aber aufregend war`s trotzdem und alles zerrt an unseren eh schon „leicht sensiblen“ Nerven. Das Tal ist optisch grandios und wirklich sehr beeindruckend. Ich möchte dazu im nächsten Eintrag noch etwas schreiben – also bitte lesen…..:)

Immer wieder sind wir auch erstaunt, dass in diesem abgelegenen Tal so viele Menschen leben, es ist durchaus nicht einsam hier.  Was uns auch verwundert, dass uns mindestens 6 Lastzüge entgegenkommen, vollbeladen mit chinesischen Elektroautos! Und einige der Fahrzeuge werden direkt überstellt. Wir fragen uns zum einen, wo werden sie hin  geliefert? Warum auf dieser schrecklichen Piste? Und wo werden jene, die hier fahren, wieder aufgeladen? Die Vermutung liegt nahe, dass eben diese quasi ihren „Elch-Test“ hier auf der Piste bestehen müssen.

 

Wie fast jeden Tag zieht sich auch dieser Abschnitt und wir kommen ziemlich erschöpft am nächsten Standplatz an. Auf den letzten Metern kommt uns noch ein wahres Unikat entgegen: Zwei Oldies in einem offenen Oldtimer aus dem vorigen Jahrhundert! Sicher eine Staubpartie unvergleichlichen Ausmaßes – aber ein cooler Anblick für uns!