Entlang des Ghund-Tals
nach Bulunkul
Chorugh - Bulunkul Lake
Wir verlassen unseren urbanen Pause-Platz und fahren wieder auf die Piste. Um weiter durch die tadschikischen Berge zu kommen, gibt es die Möglichkeit im Süden durch den Wakhan-Korridor ganz an der afghanischen Grenze zu fahren oder eben weiter nördlich, gleich hier ab Chorugh gen Osten. Ich sage es ganz ehrlich…. ICH bin diejenige, die ganz klar für die Nordroute plädiert. Christian ist schon auch meiner Meinung, ich hätte eine andere aber auch gar nicht akzeptieren wollen. Die Nordroute ist um rund 130 km kürzer – das heißt also auch weniger schlechte Piste!!! Dass wir dadurch das eine oder andere optische Highlight versäumen könnten, nehme ich in Kauf. Ich bin überzeugt, dass die „eigentliche Pamir-Strecke“, die wir also wählen, ebenfalls ansprechende Details bietet.
Und so ist es dann auch…. Es geht hinauf in die Berge und wir nehmen es mit der Höhenanpassung sehr genau. Die erste Nacht ist auf 2400 und so hanteln wir uns langsam nach oben. Zusätzlich haben wir beschlossen einen geringe Dosis Diamox zu nehmen, um die Höhenanpassung zu erleichtern. Alles funktioniert auch in der Folge gut. Wir haben keinerlei Beschwerden, keine Kopfschmerzen. Die Straßenverhältnisse sind vorerst gar nicht so schlecht. Wir passieren viele Dörfer, meist sind die Durchgangsstraßen mit Baumalleen gesäumt, was einen recht ordentlichen Eindruck macht. Immer wieder sind wir erstaunt, wie viele Menschen auch hier noch leben. Und wirklich alle winken uns ausnahmslos freundlich zu. Wir erleben eine wirklich schöne Almlandschaft, mit bunten Blümchen, die sich geduckt und klein an diese karge Landschaft angepasst haben, fahren entlang des wunderschön mäandrierenden Flusses, der saftige, teils sumpfige Grünflächen an seinen Rändern entstehen hat lassen. Dort grasen Kühe, Schafe und Ziegen. Immer wieder einmal bevölkern auch riesige Ziegen oder Schafherden die Straße und wir müssen warten – die Vierbeiner haben Vorrang!!! Das Leben ist hart hier oben in den Bergen, das wird sehr schnell deutlich. Die Häuser sind niedrig, sehr oft aus Lehm, die Fenster klein, damit nur ja nicht zu viel Wärme nach außen dringen kann. Tagsüber kann es noch richtig warm sein, doch sobald die Sonne hinter den Bergen verschwindet wird es richtig kalt. Auch wir ziehen uns dann alle sehr rasch in unsere LKWs zurück. Ein gemütliches Come together für einen Sundowner, das spielt es hier eher selten. Aber in dieser Höhe sollte man eh keinen Alkohol mehr trinken! Und wir halten uns „fast“ daran. Viel eher versuchen wir, wirklich viel Flüssigkeit – also Wasser – zu uns zu nehmen, was in diesen Höhen einfach hilfreich für den Organismus ist. Und uns ist sehr wohl bewusst, dass wir uns in eine wirklich sehr (!) abgelegene Gegend begeben. Wir wollen weder ein technisches noch ein gesundheitliches Problem bekommen. Beides wäre hier einfach nochmal schlimmer, als in anderen Regionen. Zwei Mitreisende aus unserer losen „Großgruppe“ hier am Weg über den Pamir ist ja leider etwas passiert. Der eine steckte 4 Tage im Matsch mit seinem Auto auf übe 3500 m fest, der andere hat einen Totalschaden an seiner Achse, musste die Kabine vorerst absetzen und stehen lassen und sein Fahrgestell per LKW in die nächste Stadt bringen lassen – Ausgang ungewiss. Wie gesagt, hier SOLL einfach NICHTS passieren! Hilfe ist nicht so einfach vorhanden.
Je weiter wir nach oben kommen, desto mehr wird die Straße auch wieder zur Piste und wir machen das, was wir eh schon fast gewohnt sind. Wir poltern und hüpfen von einer Rille in die nächste, von einem Loch ins nächste. Darüber mag ich gar nicht mehr ausführlicher berichten. Wir haben aber wirklich Glück mit dem Wetter, und eben dann, als wir den 4271m hohen Koitezek-Pass überqueren, haben wir traumhaftes Wetter. Unser Standplatz davor war an einer heißen Quelle, die wir noch ausgiebig genutzt haben und dann ging es am nächsten Morgen weiter nach oben. Die Landschaft war herrlich. Die Bergkulisse hat uns ein traumhaftes Farbenspiel geboten und im Hintergrund streben die weißen Gipfel der 5000er hervor. Eine wirklich schöne Fahrt auf vorerst wieder mal noch guter Piste an diesem Tag. Nach dem Pass hat sich das dann aber wieder geändert J
Immer wieder begegnen uns LKW-Züge, vollgeladen auf zwei Etagen mit chinesischen E-Autos. Die Seidenstraße ist bereits wieder aktiv, nur die Güter haben sich verändert! Unser Tagesziel – den Bulunkul-See erreichen wir nach gesamt ca. 6 Stunden. Das reicht wieder mal für eine Tagesetappe….
Der Standplatz am See ist schön, nur die Fliegen nerven ziemlich. Trotzdem brauchen wir unbedingt einen Ruhetag und bleiben zwei Tage hier. Christian erkundet noch per Motorrad die Umgebung, ich schone meinen „Allerwertesten“ und bleibe zu Hause. Sein Ausflug Richtung Geysir und in die Umgebung bringt noch einige Fotoeindrücke einer völlig entrückten, harten und kargen Gegend zurück.