Durchs Rharbarberfeld
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Grenze nach Usbekistan
Steppe Kasachstan - Grenze Usbekistan bis kurz vor Nukus
Die Wüstenlandschaft Mangystau war ein Traum, jetzt heißt es nur noch wieder zurück auf die Hauptstraße. Wir wählen – nach Absprache mit Timor, dem Guide, der uns so nett mit Infos versorgt – einen „Shortcut“ quer feldein durch die Steppe. Der Regen sollte nun vorbei sein, also alles soweit aufgetrocknet, dass wir nicht im Gatsch zu versinken drohen. Mit GPS Daten ist auch die Orientierung kein wirkliches Problem, es geht immer nur um die Pistenverhältnisse. Nicht immer erwischen wir gleich die richtige Spur, mal graben wir uns etwas tiefer ein, mal holpern wir wieder quer zu den Spurrillen auf die Piste rechts oder links von uns, aber im Grunde geht es sehr gut! Habe ich die Steppe entlang der asphaltieren Straße mit all den Strommasten geradezu deprimierend empfunden, so fühlt sich das hier, mittendrin in der Steppe schon ganz anders an. So holpern wir gemächlich, aber stetig so an die 100km, bis wir entscheiden, es reicht für diesen Tag – 5 Stunden Piste sind einfach genug! Und siehe da, abends kommt sogar nochmal richtig schön die Sonne heraus! Wirklich faszinierend, dass sich hier im Fast-Nichts gerade wilder Rhabarber so wohl fühlt! Ich breche einen Stängel ab und der Geruch gibt mir recht. Ein Kompott wird aber trotzdem nicht draus! Später stoßen auch noch unsere beiden Mitreisenden dazu und wir verbringen den Abend zu dritt.
Tags darauf sind es dann nochmal so an die 30 km Piste und dann noch 180 km Straße bis zu unserem nächsten Etappenziel, Bejneu, die letzte Stadt vor der Grenze zu Usbekistan. Ich denke, es lässt sich schon erkennen, dass wir wirklich viel Strecke machen, dass es zeitweilig auch ziemlich mühsam ist, dass all diese Highlights nicht Tür an Tür vor unserer Nase liegen, sondern dass wir sie uns einigermaßen hart „erarbeiten“ müssen. In der Stadt heißt es jetzt zu allererst: zur Autowäsche! Styros ist paniert mit feinstem Pudersand, der sich geradezu festgeklebt hat. Nicht ganz so schlimm, aber doch auch, sehen wir aus J. Wir füllen noch kurz unsere Vorräte an frischem Obst und Gemüse auf und dann geht es bis kurz vor die Grenze, um alles für den Übertritt vorzubereiten. Die Städte selbst sind hier so wenig einladend in der Wüste Kasachstans, dass wir unseren Plan, vielleicht wieder mal essen zu gehen, rasch verwerfen und weiter fahren. Staub, Staub und nochmal Staub – charmant ist hier gar nichts.
Wir „verstauen“ noch alles, was notwendig ist. Unser Flugdrache Elise verschwindet in ihrem Versteck, Pässe, die richtigen Papiere usw. wandern wieder in Christians Umhängetasche und los geht es zur Grenze. So oft hab ich das schon gemacht, es ist auch immer alles gut gegangen, und trotzdem empfinde ich solche Grenzübertritte immer ein bisschen aufregend – im unangenehmen Sinne. Die Ausreise aus Kasachstan dauert knapp eine Stunde und dann nochmal zwei für die Einreise nach Usbekistan. Die Beamten sind auf beiden Seiten allesamt nett, höflich und hilfsbereit, aber man weiß es halt nie im Voraus. Ich als Beifahrerin muss meist extra durch den Zoll, erst danach kommen wir wieder zusammen. Autocheck verläuft problemlos. Gleich über der Grenze gibt es ein kleines Häuschen, dort gibt es Autoversicherung und Simcard für Usbekistan zu kaufen. Alles einfach…. aber es dauert. So wie immer an Grenzen, man steht vielleicht sogar als erster in der Schlange…. aber es dauert! Und man weiß einfach nicht, weshalb. Man wartet weiter! … „10 minutes“, „please wait“….und so weiter und so weiter und man wartet. So ist das nun mal….
Die Gegend dort an der Grenze ist noch ein bisschen schauderhafter, als in der Stadt J. Mittlerweile hat der Wind an Kraft zugenommen, die Luft ist sandgeschwängert, jeden Fetzen Papier oder Plastik wirbelt es herum, es ist schwül und einfach nur grausig. Wir wissen, dass es ein Ende hat, die armen Jungs hier an der Grenze, stehen jeden Tag in dieser trostlosen Einöde und machen ihren Job. Schauderhaft, finde ich. Mit uns sind natürlich unzählige LKWs, die Waren von Kasachstan nach Usbekistan und umgekehrt transportieren. Ihre Schlange ist jeweils richtig lange! Auch sie sind freundlich, machen auch einfach ihren Job. Jedesmal empfinde ich ein bisschen Mitleid, wenn ich mir ihr Trucker-Leben vorstelle. Ich hoffe, es ist nur in meiner Vorstellung so mühsam und nicht in ihrer Realität! Gut, wir sind drin in diesem neuen Land – Usbekistan! Und jetzt beginnt das, wovon wir schon wissen!!!! 200 km Rumpelpiste!
Doch weit gefehlt, es sind 240 km und es ist VIEL schlimmer, als wir es uns vorgestellt haben! Man kann diese Trasse nicht Straße nennen, es ist festgefahrener Lehmboden, zerfurcht und ausgewaschen, von den vielen LKWs zunichte gefahren. Wir wissen manchmal gar nicht, wie wir die Löcher umfahren sollen, weil auch dazwischen nur ausgewaschene Furchen und Querrillen sind. Nicht anders geht es den LKWs, sie schlingern uns geradezu entgegen oder vor uns her, im permanenten Bemühen, einen „Weg“ zu finden. Schier, es ist nicht möglich, ohne ständig auf Null runter zu bremsen, um nicht mit Vollkaracho in die Dämpfer und Federn zu schlagen. Immer wieder fahren wir Schritttempo, 8 km/h, es ist und bleibt ein Graus – 240 km lang! Bei diesen langsamen Geschwindigkeiten überholt uns regelmäßig der eigene Staub, den wir aufwirbeln. Die kleinen PKWs prettern uns mit der Lichthupe als Warnung in Schlangenlinien entgegen. Es hilft auch nicht wirklich, dazwischen in die Steppe auszuweichen, weil auch hier keine durchgehende Piste zu finden ist. Auch der eine oder andere LKW versucht das bei Zeiten, kehrt aber aufgrund fehlenden Allrads bald wieder zurück. Es gibt kein „Entrinnen“, alle müssen da irgendwie durch. Nach 2/3 geben wir auf – nur noch duschen, essen, schlafen – game over. Mein Wunsch kurz vor dem Einschlafen, es möge doch bitte besser werden, hat sich leider nicht bewahrheitet, der nächste Tag erspart uns nicht den Rest der Piste!
In Usbekistan gilt die Vorschrift, man müsse sich innerhalb der ersten 72 Stunden in einem Hotel registrieren. Tut man es dann, weiß irgendwie trotzdem niemand wozu eigentlich?! Wir tun es trotzdem. Beenden unseren zweiten grässlichen Fahrtag nach abermals 8 ½ Stunden an einem Hotel und bitten um die Registrierung. Es gibt hier nicht viele, wir wissen aber von eben diesem Hotel, dass es funktionieren sollte. Tut es auch und kostet 13 USD. Das UGCC gehört zur gleichnamigen Firma, die Plastikgranulat erzeugt, angeblich die größte Niederlassung in Usbekistan. Wir befinden uns hier quasi in einem Wohn-Compond, in dem alle Bediensteten der Firma leben. Ein bisschen amerikanisch vielleicht, aber eben doch kommunistisch. Und morgens kommen aus allen Wohnblöcken die Männer in ihren gleichen grauen Arbeitsoveralls und danach die Frauen, die ihre Kinder in Schuluniformen bis zum Bus bringen. Ja, und irgendwo dazwischen, da parken wir jetzt und machen heute einen Pausetag. Dringend notwendig nach dieser Piste! Irgendwann kommt noch jemand vorbei, spricht sehr passables Deutsch und bringt uns einen Teller gebackenen Karfiol, den seine Frau für uns gemacht hat. Er freut sich so, wenn er wieder ein paar Worte deutsch sprechen kann, da er schon fast alles wieder verlernt hätte, wie er meint. Er hat als Ingenieur 1 Jahr in D gelebt. Sehr nett also! Ansonsten ist hier große Zurückhaltung von Seiten aller Bewohner geboten, der Kinder wie der Erwachsenen. Es wird gegrüßt, mehr nicht.
Fazit der Reise bis jetzt: Das Erreichen der Highlights hier in dieser Ecke der Welt ist nicht ganz so einfach …. Und trotzdem freue ich mich auf Chiwa, Buchara und Samarkand –die Namen alleine lassen schon viel Exotik erwarten!!