Auf der Nordroute 

Richtung Kalaikhum

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und leise Töne der Skepsis

 

Wir diskutieren viel, es gibt Gründe für die eine wie auch die andere Route. Unser Ziel ist klar, wir wollen nach Kalaikhum und weiter nach Chorugh, der letzten „Stadt“, bevor es in den Wakhan-Korridor geht. Die Südroute ist besser ausgebaut, aber es wird schon jetzt immer heißer. Also Schwitzen ist vorprogrammiert. Gert und Simone sind uns einen Tag auf der Südroute voraus und erzählen vom ersten Standplatz am See, dass „dieser nichts G`scheites wäre“. Tja, also Entspannung sei dort nicht möglich. Malte und Wolfgang berichten von der Nordroute, dass sie zwar tlw mühsam sei, die Straßen tlw. sehr schlecht, aber alles gut machbar und die Landschaft schön sei. Ja, und die Temperaturen hier oben in den Bergen sehr angenehm. Was also tun? Wir (respektive ich) plädieren für die Südroute….. bis zum Abend davor….. dann wird es die Nordroute J. Wir sind zwei Fahrzeuge – die Mankeis und wir. Tja, was soll ich sagen…. wir werden nie ganz genau wissen, welche Route die bessere gewesen wäre, da wir halt nur eine ausprobieren konnten.

Wir verlassen Duschanbe in Richtung Osten. Der eher ärmliche Speckgürtel rund um die Hauptstadt ist geprägt von Landwirtschaft. Bald schon kommen wir in Richtung Ob-i-Garm an die Baustelle des angeblich höchsten Staudammes der Welt, an dem seit den 1980ern gebaut wird. Wenn der Stausee jemals gefüllt werden sollte, wird er alles hinter dem 350m hohen Staudamm fluten. Die Usbeken wehren sich dagegen, weil während der Zeit, bis zur Auffüllung, also während ca. 5 Jahren, zu wenig Wasser in ihr Land kommen würde. Es wird also weiter verhandelt und „gemauschelt und gepackelt“, wie ich denke. Es geht weiter entlang dieses engen Tals, das der reißenden Vakhsh geformt hat. Die vielen Baustellen und schweren Fahrzeuge haben die Straße völlig zerrissen. Die wenigen Fragmente Asphalt sind nur durch Löcher und Rillen verbunden. Und es wird auch nach unserem ersten Übernachtungsplatz nicht wirklich besser. Danach kommt nämlich bald die riesige Baustelle der Chinesen, die hier eine Anbindung an ihre Seidenstraße bauen. Die Piste  windet sich um eine Bergfalte nach der anderen und wir mitten drin. Überholt uns einer der PKWs, zieht er eine Staubwolke hinter sich her, dass wir für Minuten rein gar nichts sehen. Wir fahren über weite Distanzen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h und in meinem Kopf drängt sich immer wieder die Sinnfrage dieses Unterfangens in den Vordergrund. Die Landschaft ist zweifelsohne beeindruckend. Und es wundert uns auch sehr, wie viele Dörfer es hier in diesen abgelegenen Tälern trotzdem noch gibt. Einsam ist hier gar nichts.

Für mich gilt, dass diese langen Passagen „sauschlechter“ Straße eigentlich entbehrlich sind! Ich muss es mir eingestehen: ich bin NICHT der Offroadfan, dass ich dieses ständige Gehoppel ansprechend fände. Wenn es also eine Möglichkeit gibt, an einen Ort auf besserer Straße zu gelangen, dadurch zwar event. den einen oder anderen spektakulären Landschaftsabschnitt zu versäumen, dann könnte ich trotzdem damit leben! Wie überhaupt ich an dieser Stelle (vielleicht sogar wiederholt?) festhalten möchte, dass die Highlights der Seidenstraße extrem „schwer erarbeitet“ sind. In leisen Tönen getraue ich mich anzumerken, dass um diese Tour entlang der „sagenumwobenen Seidenstraße“ aus meiner Sicht ein bisschen zu viel Hype gemacht wird. Und natürlich ist das keine allgemein gültige Aussage, so wie es das ja nie ist. Sie entspricht lediglich meinem Empfinden nach nun gut 2 Monaten on tour seit Armenien. Es bleibt also für mich spannend, wie sich diese meine Sicht in den nächsten Wochen verändern wird. Ich freue mich weiterhin auf die ganz bestimmt beeindruckenden Highlights, gestehe mir aber die Ehrlichkeit zu, Kritik oder Skepsis Raum zu geben.