Vom
Atlantis der Wüste
zu den Baumriesen
Diesmal streifen wir die Wüste nur am Rande. Die VAE, Saudi-Arabien, Jemen, und Oman teilen sich diesen riesigen Sandkasten, die Rub al Khali, die größte Sandwüste der Welt. Sie macht ihrem Namen „Leeres Viertel” alle Ehre, denn dort lebt tatsächlich kaum eine Menschenseele. „Als Gott die Menschen und die Natur schuf, hat er die Rub al-Khali ausgelassen“, sagt ein Sprichwort. Lediglich Spinnen, vereinzelte Nagetiere und wenige robuste Pflanzen können den extremen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht standhalten. Das Gebiet ist auch heute noch weitgehend unerforscht, nur wenige Expeditionen wagten sich weit hinein. Und auch die Beduinen halten sich mit ihren Kamelen nur an den Wüstenrändern auf. Immer dort wo Unklarheit herrscht, wird Platz für Sagen und Geschichten…. Anfang der 90er Jahre erregten Ausgrabungen am Rande der Rub al-Khali großes Aufsehen. Man meinte das „Atlantis der Wüste“ entdeckt zu haben. Der Koran berichtet von einer sagenumwobenen Stadt, die von der Erde verschluckt wurde, da sie zu reich und lasterhaft gewesen wäre. Es gibt auch noch ein paar andere Erklärungen – natürlich. Wir waren auf jeden Fall dort. Es ist nicht mehr viel davon übrig. Und so wie oft bei Ausgrabungsstätten sind es mehr die Geschichten und die Vorstellungskraft, die ein buntes Bild der Vergangenheit malen. Für uns ist das antike Ubar, das heutige Sishr, Ausgangspunkt, um ein Stück in dieses leere Viertel vorzudringen. Nach einer Holperpartie über eine echt fiese Wellblechpiste, die uns mit 25 km/h schaukeln lässt, wie in der Geisterbahn, nach Beschleunigung auf 50 km/h aber ebenfalls die Nerven frei legt, kommen wir zu einer der letzten Oasen vor dem Nichts, nach Fasad. Plötzlich tauchen Palmen am Horizont auf, dort, wo man schon nichts mehr erwartet hat. Und diesmal ist es keine Luftspiegelung, so wie in der Mittagshitze davor. Von dort geht es nochmal ein gutes Stück tiefer in den Sand, um kleine Dünenkämme herum, um eine Nacht fern ab jeglicher Akustik zu verbringen. Das ist immer wieder das Beeindruckendste in der Wüste – die Stille, das Fehlen jeglicher Geräusche!
Ein weiteres Highlight in diesen Tagen liegt auf der Strecke durchs Wadi Hinna. Einer Laune der Natur oder wohl eher den Handelsreisenden vergangener Tage ist es zu verdanken, dass es hier afrikanische Baobab-Bäume gibt. Irgendwie hat es wohl einige Samen an diesen Ort verschlagen und diese skurrilen Gewächse hier stranden lassen. Denn man könnte meinen, sie stünden verkehrt herum. Einst hat ein ostafrikanischer Teufel aus Wut so einen Baumriesen gepackt, ihn aus dem Boden gerissen und wieder verkehrt herum in die Erde gewuchtet – mit den Wurzeln nach oben! Ja, genau so sehen die Äste des Baobabs das halbe Jahr über aus, wenn sie keine Blätter tragen – wie knorrige Wurzeln, die gen Himmel ragen. Ansonsten sind die Affenbrotbäume vor allem dick, groß und manchmal bis zu 1000 Jahren alt. In Afrika dienen sie als Nutzpflanze. Das Fleisch der pelzigen Früchte enthält Vitamin C, B und Kalzium. Die Blätter und Samen werden zur Heilung von Infektionen, Koliken und Malaria-Erkrankungen verwendet. Und im afrikanischen Alltag spielt der Baobab auch eine große gesellschaftliche Rolle als Treffpunkt und Schattenspender, wenn er Blätter trägt.
Mich erinnern sie an alte Eichen bei uns zu Hause. Ja, wie wahre Riesen, wie wunderbare Helden stehen sie da. Man trifft sich dort, man verliebt sich dort, man schüttet ihnen sein Herz aus, man berührt sie, man lässt sich von ihnen berühren! Ein ganz wunderbarer Platz!