Der karibische Süden

 

Wir befinden uns ganz im Süden Omans, im Dhofar. In der Antike erlangte diese Region als „Arabia Felix“, als „Glückliches Arabien“ große Berühmtheit. Die Araber hatten großes Geschick darin, Waren aus allen Teile Asiens und Ostafrikas mit Hilfe der Monsunwinde heranschaffen zu lassen und dann an die Transportwege der Seidenstraße zu binden. Somit glaubte man lange, diese Güter kämen alle aus Arabien. Einige antike Weihrauchhäfen geben Zeugnis von diesen frühen Handelswegen und vom Reichtum der Region. Und eben diese günstigen Monsunwinde machen den Süden rund um die Hauptstadt Salalah auch zu einer fruchtbaren, zu einer grünen Region. Besonders während der Sommermonate fällt hier viel Regen. Das prägt die Landschaft und zeigt ein völlig anderes Bild als der Norden des Landes. Nicht so grün wie bei uns, weit her, aber für einen Wüstenstaat dennoch besonders. Sogar jetzt, im Winter, mutet der Dhofar fast karibisch an. Es gedeihen Bananen, Kokospalmen, Papaya, wir sehen Gemüseplantagen und es gibt Rinderhaltung, weil auch genügend Weideland vorhanden ist. Ja, und hier finden wir auch die „Tränen der Götter“, jenes kostbare Harz, das den Weihrauchbäumen abgerungen wird. Durch den Weihrauchbasar zu schlendern kommt einer Generalreinigung gleich. Überall raucht und duftet es, wir lutschen die kostbaren Kügelchen sogar – also Desinfektion von innen und außen. Ich muss ja zugeben, Weihrauch zählt nicht zu meinen Lieblingsdüften, lieber halte ich mich an Amber und Sandelholz. Auf jeden Fall umgibt seit dem letzten Einkauf auch unser Auto eine wohlriechende Wolke dieses duftenden Goldharzes.

 

Die bestimmende Stadt im Süden ist Salalah. Auf der einen Seite vom Meer und auf der anderen von hohen Bergketten umrahmt, bietet sie ideale Bedingungen und ist zu einem beliebten Sommerdomizil für Omanis aus dem Norden des Landes geworden. Auch wir halten es am Stadtstrand gut ein paar Tage aus. Einziger Wermutsstropfen ist der stetige Wind, der uns die Standplatzsuche erschwert. Es ist ja trotz allem in erster Linie ein Wüstenstaat und trocken. Heißt auch staubig ohne Ende! Und wenn da mal der Wind seine Kräfte spielen lässt, dann bleibt keine Ritze im Auto ohne Sandkorn. Die Temperaturen sind grundsätzlich angenehm, aber auch das nur, wenn man im LKW die Fenster öffnen kann. Was bei Sturm einfach unmöglich ist! Also verstecken wir uns nicht nur einmal hinter Mauern hoher Gebäude, um zumindest ein bisschen windgeschützt zu sein. So lässt es sich dann irgendwie aushalten J.

 

Noch weiter südlich, schon nahe an der jemenitischen Grenze werden die Strände  nochmal traumhafter und hier ist es sogar windstill. Christian entdeckt hier erstmals seinen Jagdinstinkt! Und ganz „Urmann“ bezwingt er gemeinsam mit Martin das Meer und sie fangen für uns – immerhin für 10 Personen – Fisch und Langusten! Ja, es gibt ihn tatsächlich, diesen Moment, wo man keinen frischen Fisch mehr sehen kann! Hier im Oman kommt er unweigerlich irgendwann. Aber nicht an diesem Abend. Der gilt noch in voller Freude unserem  Langustenfestmal.

 

Es ist immer wieder beschämend, wie nahe Freude und Unglück beieinander liegen. Nur wenige Kilometer von uns entfernt herrscht immer noch ein verabscheuungswürdiger Krieg im Jemen, und hier jenseits der Grenze, ist nichts davon zu spüren. Auf einer spektakulären Bergstrecke über den Jebel al-Qamar in Richtung Jemen passieren wir gerade mal einen – sehr freundlichen – Kontrollposten. Sonst ist nichts von militärischen Aktivitäten sichtbar. Die Straße führt durch freigesprengte Felsschluchten und zeigt die gesamte Geologie des Landes. Immer wieder würden sich imposante Ausblicke anbieten, wäre da nicht die dichte Nebelsuppe, die uns nicht mal fünf Meter Sicht gewährt. So bleibt von dieser Meisterleistung des Straßenbaus für uns nur der Asphaltstreifen entlang beeindruckender Serpentinen als Erinnerung. Was uns dann bald wieder an den Strand zurückkehren lässt. Ah nein, wir müssen uns ja schon wieder „verstecken“ …  hinter einer Hausmauer mitten in Salalah. Der Wind lässt uns noch nicht aus seinen Klauen …