In der Wüste - Erg Chebbi
Auf geht es also gen Süden, nachdem wir ja die Berge vorzeitig verlassen haben. Zuvor gab es noch einen Ruhetag am Barrage Hassan-Addakhil kurz vor Er-Rachidia. Und niemand von uns hätte nach den Bergen gedacht, dass dieser See tatsächlich zum Baden einladen würde – doch genau so war es! Weiter nach Süden machen wir noch einen kurzen Stop an der Source bleue de Meski. Wie der Name schon sagt speist eine klare Quelle ein Stück Land, am Nordrand des Ziz-Tales. Der kurze Spaziergang durch die Oase hinauf zur alten beinahe verfallenen Kasbah macht deutlich wie lebensnotwendig Wasser und Schatten sind. Und die Oase bietet beides – Labsal für den Organismus. Zwischen den Palmen wird es richtig kühl und die Natur nimmt sich was nur möglich ist, kleine Gärten und Plantagen durchziehen diesen grünen Streifen.
Nicht verwunderlich, dass jene Wasserfontäne einige km weiter, die der Schwemmdruck des Atlas nach oben befördert, Anziehungspunkt für alle wird. Amerikanische Geologen haben hier nach Wasser gegraben und sind fündig geworden.
Nun trennen uns nur noch wenige km von der Wüste – dem Erg Chebbi, Berge aus gelbem Sand, durchwachsen nur von einigen Grasbüschen. Wir haben die Wüste schon einige Male kennen gelernt – im Oman, in Indien oder auch im Vorjahr hier in Marokko. Doch diesmal soll es eine intensivere Begegnung werden – so der Plan. In der Gruppe ist nun mal mehr möglich, sich gegenseitig helfen zu können ist nicht bloß eine Option, es ist ganz einfach zwingend, alles andere wäre dumm. Werner und Gertraud sind in dieser Gegend ziemlich erfahren und überhaupt was den Umgang mit schwerem Gefährt in den Dünen bedeutet, haben sie uns allen was voraus. Also wird abends immer eifrig diskutiert, über Reifendruck, Gewichtsverteilung, über bisherige Erfahrungen, Fehlschläge und Erfolge, nichts bleibt unerwähnt – schließlich möchten wir alle noch lernen.
Unser Nächtigungsplatz am Rande der Wüste bei Rissani ist einfach traumhaft. Eine Piste führt uns mitten in die Hammada, die blauschwarze Steinwüste - kein Dorf, keine Ansiedlung ist mehr auszumachen und bald schon sind wir ganz alleine. Umgeben nur von den imposanten Tafelbergen hier rund um den Erg Chebbi, jenen gar nicht mal so großen Sandhaufen im Südosten Marokkos, der nahe an die algerischen Grenze reicht. Grad richtig im Abendlich kommen wir dort an und sind hin und weg von der traumhaften Kulisse. Nicht umsonst ist hier auch eine Szene aus dem Film „ Der Medikus „ gedreht worden. Jetzt allerdings ist von einem Filmset nichts zu erkennen und wir sind ganz alleine.
Am nächsten Tag vervollständigt noch jeder seine Vorräte für die nächsten Tage und wir treffen einander wieder am nördlichen Einstieg für die Ostumrundung des Erg. Es ist jener Platz an dem wir im Vorjahr Bekanntschaft mit Mubarak geschlossen haben. Ein überaus hilfsbereiter und ausnahmsweise nicht aufdringlicher Beduinenführer, den wir irgendwie ins Herz geschlossen haben. Nachdem er uns letztes Mal darüber aufgeklärt hat, dass die Menschen hier eigentlich keine Kugelschreiber mehr brauchen (!), weil die bringen ohnedies alle Touristen die per Flugzeug anreisen mit, gab es diesmal Säckeweise Kleidung und Schuhe. Eindeutig das bessere Geschenk.
Bis jetzt war alles noch harmlos und ich kann mich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass es Werner ein bisschen Freude bereitet zu wissen, dass wir anderen morgen zum Teil Neuland betreten. Und genau so ist es. Zuerst heißt es natürlich mal kräftig Luft rauslassen, jeder halt angepasst an das Gewicht seines Fahrzeuges. Die Reifen ziehen sich bauchig in die Länge, die Auflageflächen werden größer, satt liegen unsere 12 t im Sand. Na hoffentlich hat der Motor genügend Power uns über den Untergrund hinweg zu schieben. Die Route rein ins Sandmeer beginnt ganz einfach. Doch Werner möchte uns ein bisschen ausprobieren lassen – es geht rauf und runter über kleine Dünen, jeder übt sich ein bisschen in engeren Kurven und sanften Schräglagen, schließlich will man das eigene Haus ja sicher aus diesem Sandhaufen wieder rausbringen. Und JA, es ist eine „Männerspielwiese“, die Mundwinkeln gehen nach oben und mit Stolz gestählter Brust finden sich alle bei jeder Pause wieder zusammen und vergegenwärtigen einander eben erst vollbrachte Fahrleistung. Aber ja, es ist ja auch so – Dünenfahren muss gelernt und geübt werden. Und schon kommt die nächste Übungseinheit …. Die Dünen werden höher, der Sand tiefer und es sei doch gelacht, dass man nicht auch da drüber kommen würde – Mann schafft das doch, oder? …. Oder eben auch nicht. Dann sitzt man oben drauf wie auf einem Sattel und es geht nicht mehr vor und zurück. Mit jedem weiteren Manöver graben sich die Reifen nur noch tiefer in den Sand, alleine rauszukommen unmöglich. Und hier bewahrheitet sich was ich schon zuvor erwähnt habe, in der Gruppe zu fahren ist keine Option sondern zwingend notwendig. Also braucht es ein ebenso schweres Fahrzeug um von der Düne wieder runter zu kommen. Und noch einige andere Lektionen haben wir gelernt. Besser nicht in derselben Spur des Vordermanns zu fahren, auf die Düne rauf brauchts richtig Schwung und Kraft, richtiger Zeitpunkt und Drehmoment sind gefragt.
Aber auch dafür sind wir ja hier – wir wollen lernen und unter sicheren Bedingungen ausprobieren. Und wieder strahlt das Männerherz – Sandspiele mit schwerem Geschütz sind einfach das Allergrößte! Wie sagt das Sprichwort ? Kleine Kinder – kleine Spielzeuge, große Kinder große Spielzeuge!