Wenn die Gondeln Trauer tragen
Wochen der Vorbereitung liegen hinter uns, haben wir an alles gedacht? Ersatzteile, Werkzeug, Bergematerial, Verpflegung und Getränke, Technik, einerseits hinsichtlich Fotografie aber auch Navigation und LKW . Alles muss geübt , geprobt , versucht werden . Die Reifen mit 170 kg Gewicht zu wechseln , Fahrerhaus kippen , Filter wechseln , Dieselleitungen entlüften, Luftleitungen flicken und Reifen kleben ebenso wie sich mit Elektrik und anderen Dingen vertraut zu machen. Das Haus ist einzuwintern und der Garten zu machen. Ende Oktober dann ist es soweit . Ich füge dem Diesel noch Winterzusatz bei und es geht los . Doch zuerst machen wir einen Zwischenstopp in Judenburg um noch das jährliche Diafestival El Mundo zu besuchen . Das hat mittlerweile Tradition und wir möchten es soferne möglich nicht versäumen. Wie in den letzten Jahren ist auch dieses Jahr das Festivalwochenende mit bestem Wetter ausgezeichnet. Darum schieben wir auch noch einen weiteren Tag in Österreich ein und machen – oh Schande – die erste und einzige Bergtour in diesem Jahr in Österreich – auf den Zirbitzkogel. Leider ohne Elke – Elke leidet unter der für sie auch schon üblichen HNO Reisekrankheit die buchstäblich immer während einer Reise ausbricht , hat keine Stimme mehr und ist konditionell angeschlagen . Sie ist wirklich eine Arme . So besteige ich den Zirbitzkogel gemeinsam mit Franz , er hat seinen LKW neben unserem geparkt und wir kamen gleich mal ins Gespräch und fanden uns ziemlich sympathisch. Demzufolge gab´s viel zu erzählen , jeder der so wie wir reist kann aus einer großen Schatztruhe Geschichten aus 1000 und eine Nacht erzählen. Ja , und so verbrachten wir 2 sehr nette Tage miteinander bevor sich unsere Wege vorläufig wieder trennten – der Iran wäre so ein gemeinsames Ziel – vielleicht wird ja etwas daraus .
Nach einem Ambulanz- und Arztbesuch für Elke ( der außer Kosten nicht wirklich etwas gebracht hat ) geht´s dann aber wirklich los und wir überqueren die Grenze nach Italien – nächstes Ziel Venedig. Wir erreichen Punta Sabbione am Abend und finden einen gut geeigneten Standplatz gleich 10 Gehminuten von der Ablegestelle der Vaporettos die die ganze Lagunenstadt mit einem öffentlichen Verkehrssystem überziehen. Wir essen Proscuttio aus San Daniele und trinken eine gute Flasche Wein als uns die traurige Nachricht vom Ableben von Elkes Vater erreicht . Dies verändert unsere Pläne natürlich zwangsläufig und essentiell und wir diskutieren alle Varianten die zur Verfügung stehen. Elke möchte zurück – das ist klar – ich werde den LKW nach Marokko bringen und Elke kommt mit dem Flugzeug nach – das erscheint uns als die beste und gangbarste Lösung . Um jetzt nichts zu übereilen besuchen wir doch noch Venedig im Regen und fahren anschließend zu unserem Freund Fabio nach Florenz um alles zu sortieren und zu ordnen. Dort haben wir eine Basis um uns zu organisieren . Wir buchen einen Nachtzug für Elke sowie einen Flug nach Casablanca. Um uns die Wartezeit abzukürzen und auch um Elke abzulenken zeigt uns Fabio sein Florenz - unter anderen Umständen eine absolute Bereicherung – Florenz ist wirklich schön. Am Abend bringe ich Elke zum Bahnhof und wir trennen uns gezwungener Maßen für die nächsten 6 Tage . Nicht gerne aber so muss es sein .
Bevor ich unseren Truck nach Livorno zur Fähre bringe machen Fabio und ich noch einen Besuch nach Greve di Chianti – das Zentrum der Chiantiregion. Toskana so wie man sie sich vorstellt. Geschwungene Hügel auf denen toskanische Residenzen stehen umgeben von Zypressen. Eingehüllt in buntes Herbstlaub bei wolkenlosem Himmel. Unter anderen Umständen hätte der Prosciutto und der Wein auch noch besser geschmeckt – es hätte Elke gefallen .
Am Abend breche ich nach Livorno auf – rechtzeitig um noch bei Tageslicht im Hafen das richtige Pier zu finden – vergeblich – ich verfahre mich. Schnell aber sind hilfreiche Carabinieri zur Stelle die mich mit Blaulicht an die richtige Stelle eskortieren . Hier nun beginnt die neue Welt die uns in den nächsten 2 Monaten begleiten wird. Alte marrokanische Pick ups und Vans vollgeladen bis unter das Dach , noch einmal so viel in Plastikplanen gehüllt oben drauf übersteigt das transportiere Gewicht mit Sicherheit jede Zulassungsbeschränkung. Bärtige Männer , verschleierte Frauen , marokkanische Kopfbedeckungen und Gebetsteppiche – es ist keine Frage wohin die Reise geht. Der Check in geht zügig und zuvorkommend , Papiere werden geprüft und Bordkarten ausgehändigt , eine ganze Reihe von PKW´s kommt vor mir dran dann komme ich an die Reihe und bekomme einen Platz im oberen Deck zugewiesen . Die Auffahrt ist Millimeterarbeit , gerade dass links und rechts wenige cm Platz sind . Nur nicht ruckartig bremsen oder Gas geben , so ein Manöver bringt die Fuhre immer ins Schaukeln und ich würde unweigerlich anstreifen . Alles geht gut , am oberen Deck noch eingeparkt , Strom angesteckt und habe fertig . Der Rucksack mit allem Nötigen und ein , zwei Bieren ist gepackt und ich suche meine Kabine . Erstaunen über Erstaunen . Eine sehr saubere Behausung mit eigener Dusche , weißen Handtüchern und einem Check in wie im Hotel . Ich weiß nicht ob ich so etwas nicht ohnehin hätte erwarten dürfen , ich bin jedenfalls angenehm überrascht – offensichtlich bin ich mit Gedanken schon in Afrika und der Akzeptanzlevel dementsprechend niedrig. Duschen , essen , ein Bier und ein Zigarillo – schade dass Elke nicht hier sein kann – es ist eine gute Einstimmung auf die Reise.
Wir legen pünktlich um 23 30 Uhr ab , bald schon sind wir auf hoher See und pflügen mit 20,5 kn Richtung Westen . Für einen Hobbysegler eine atemberaubende Geschwindigkeit . Die Überfahrt wird 3 Nächte und 2 Tage dauern – viel Zeit um sich einzulesen , zu schlafen und sich auf das Kommende einzustimmen .