Yazd -
Die Stadt am Rande der Wüste
Von Isfahan, „der Schönen“, geht es erstmal wieder in die Einsamkeit der Wüste, nach Varzaneh, eigentlich nur einen Katzensprung vom Trubel entfernt. Auf der Fahrt dorthin ziehen immer wieder hohe Lehmtürme unsere Aufmerksamkeit auf sich – Taubentürme. Dort wurden früher Tauben gehalten, deren Kot gesammelt und dieser dann als Dünger verwendet. Heute sind sie aber alle leer. Dünger gibt es wohl auch hier nur mehr als Massenware aus dem Supermarkt. Unsere Idee, einfach mal querab in die Dünen zu verschwinden, scheitert vorerst. Wir kommen sozusagen von der Straße gar nicht runter, weil uns zu den Dünen hin ein künstlich geschaffener tiefer Graben trennt. Keine Chance für unsere Autos hier drüber zu kommen. Der Blick zu den Dünen verheißt zwar viel, aber wir kommen einfach nicht hin. Doch da plötzlich, nach einigem Hin- und Herfahren, tut sich eine Lücke auf und wir hoppeln ins Offroad. Es dauert nicht lange, erreicht uns der Pickup eines Offizials, der uns klar macht, dass wir dafür keine Erlaubnis hätten. Weiter nördlich, direkt im Dorf, gebe es eine offizielle Eintrittsstelle in die Dünen. Die könnten wir benutzen. Es macht hier keinen Sinn zu opponieren (was wir erst gar nicht versuchen), auch nach Erklärungen zu fragen erübrigt sich. Man macht einfach, was einem nahe gelegt wird – es ist verbindlich besser so. An besagter Stelle werden erstmal unsere Kennzeichen notiert, einen Düneneintrittsobulus gilt es auch noch zu bezahlen, und so passieren wir die Schwelle ins Meer aus Sand. Wir wollen vorerst unsere Autos und auch das eigene Wohlempfinden ein wenig testen. Wie viel Luftdruck braucht es wofür, wobei fühlen wir uns noch wohl, wo sind unsere persönlichen Grenzen (sofern sie denn immer frei wählbar sind). So ausgelotet, finden wir alle unsern Platz inmitten der Dünen. Eines wird ziemlich bald deutlich – es wird kalt hier in der Wüste. Und das so bald die wärmenden Sonnenstrahlen ausbleiben. So warm es tagsüber während der Mittagszeit ist, so unangenehm kalt wird es schon am frühen Abend. So ist also frühe Nachtruhe für Jedermann angesagt. Nach zwei Tagen zieht es uns weiter, entlang der alten Karawanenrouten und wir erreichen die Karawanserei Khargooshi. Eine verlassene aber sehr gut erhaltene Lehmburg, die früher den Handelsreisenden Unterkunft geboten hat. Heute parken wir nicht Kamele sondern unsere Monsterbrummis vor ihren Mauern und genießen die Ruhe mit echt cooler Kulisse.
Der Iran ist wirklich verdammt groß und so müssen wir Strecke machen, wenn wir weiterkommen wollen. Also kein langes Ausruhen und schon geht es weiter nach Yazd, in eine der angeblich schönsten Städte Irans. Schon die Anfahrt macht deutlich, dass wir uns einer Wüstenstadt nähern. Trockenheit bestimmt die Landschaft und für Wüstenstädte typischer Smog hüllt die Luft in der Ferne in eine gelbliche Wolke. Es sind die Lehmbauten der Altstadt, die einen in Windeseile gefangen nehmen. Mancherorts sind Wände bereits brüchig geworden, konnten den Jahrhunderten nicht standhalten. An anderer Stelle wurden sie wieder liebevoll restauriert. Den Bewohnern liegen ihre alten Bauten am Herzen und das merkt man. Charmante Cafes, Restaurants und Hotels wurden in altes Gemäuer verpackt und lassen uns in einen orientalischen Traum entschwinden. Doch aufzuwachen ist gar nicht schlimm, da wir ja bloß in die nicht minder spannende Realität wechseln. Von den Dächern der Medina erschließt sich die Altstadt erst richtig – gibt türkiesblaue Moscheekuppeln sowie prächtige Iwane frei und zieht unsere Blicke gleichzeitig auf die Gebirgszüge der Umgebung, die Yazd einen würdevollen Rahmen geben. Aber die Stadt am Rande der Wüste hat auch noch einen modernen Teil und das merkt man ganz deutlich auf den Straßen. Spätestens abends, als wir noch einen Spaziergang durch die Gassen unternehmen, begegnen uns fast ausnahmslos aufgeschlossene Menschen. Familien mit Kindern, verliebte Paare, freundliche ältere Herren, alle sind sie auf den Straßen unterwegs. Es wird gebummelt, flaniert und eingekauft. Ich möchte es an dieser Stelle jetzt mal festhalten: Iran ist ein durchaus modernes Land. Es gibt im Grunde alle Annehmlichkeiten, die wir gewohnt sind. Na ja, es gibt definitiv kein „g`scheites Brot“! Aber sonst fehlt es an nichts. Hält man sich in der Neustadt auf, dann gibt es moderne Shoppingmalls und ein Leben ähnlich dem unseren. Die Menschen leben überhaupt nicht zurückgezogen, sind offen und zugänglich. Familien machen Ausflüge, Männer und Frauen treten sichtlich als Paar auf. Frauen tragen zwar ausnahmslos Kopftuch, wenn oft auch nur ganz lose übergeworfen, sind sonst aber sehr chic. Überhaupt haben wir so den Eindruck, die Menschen hier, seien uns viel „ähnlicher“ als zum Beispiel jene in Asien oder Marokko. Der Bildungsstand erscheint deutlich höher als in den zuvor genannten Ländern, die Menschen zeigen gute Manieren und Umgangsformen und sind fast ausnahmslos höflich. Ausnahmen wird es immer gehen, aber der Grundtenor entspricht diesem Bild. Das alles zusammen macht das Reisen sehr angenehm und hilft über schwierige Situationen, die es natürlich auch gibt, leichter hinweg.