Nach 42 Tagen im Iran

 

Wahrscheinlich wiederhole ich mich jetzt vereinzelt, aber lasst mich nochmal zusammenfassen, wie wir diese Zeit im Iran erlebt haben.

 

Eines gleich vorweg: der Iran ist ein wunderbares Reiseland und präsentiert sich uns Touristen als sehr sicher – allen Unkenrufen zum Trotz. Ich habe das Thema „Polizeikontrollen“ schon mehrfach beleuchtet (siehe „Paranoia“). Und JA, sie sind leider Teil dieses Systems, das sich glaubt vor fremder Einflussnahme „schützen“ zu müssen. Und genau das ist es ja auch. Die Menschen in diesem Land wollen diese strengen Vorgaben der Mullahs nicht, sie wollen selbstbestimmt ihr Leben gestalten, wollen frei entscheiden können, was gut und richtig für sie ist. Und genau das lässt das System aber nicht zu. Diese rigide Bevormundung, die keine Alternativen zulässt, haben wir bei all diesen Kontrollen erfahren. Das ist es aber vor allem, was die Menschen in diesem Land quält. Nicht nur einmal haben sie dies auch offen vor uns ausgesprochen. Das ist der wirklich bedrückende Aspekt dieser Reise.

 

Eine der ersten Informationen über dieses Land vorab war, „ihr werdet auf die freundlichsten Menschen treffen, denen ihr je begegnet seid“. So waren wir zwangsläufig von Vorstellungen geprägt, die jetzt ihre Erfüllung suchten. Die Erwartungshaltung war demnach sehr hoch, und ein Schritt zurück davon fühlt sich nicht unbedingt positiv an. Ja, die Menschen hier sind freundlich – die meisten, nicht alle. Vor allem wenn wir sie mit der zurückhaltenden Spröde eines lediglich auf sein eigenes Leben fixierten Mitteleuropäers vergleichen, sind sie sogar sehr freundlich. Auch die sehr oberflächliche Freundlichkeit der Asiaten kann keinesfalls mithalten. Hier erfährt man immer wieder ehrliches Interesse und offene Gastfreundschaft. Aber dennoch … nicht in jenem Ausmaß, wie wir sie in der Türkei erlebt haben. Dort zog sich diese Freundlichkeit durch alle Bevölkerungsschichten und jegliche Situationen. Eben dies empfanden wir hier anders. Je höher das Bildungsniveau, desto entgegenkommender begegneten uns die Menschen im Iran. Der einfache Tankwart, der Verkäufer beim Greißler, der Angestellte in der Werkstatt, sie alle waren nur bedingt hilfsbereit. Das mag nun am fehlenden Sprachverständnis liegen, aber auch dieses ließe sich durchaus mit Freundlichkeit wettmachen. Nun gut, das haben wir nur in Maßen so erlebt. Dies sind nun unsere ganz persönlichen Empfindungen und ich wollte sie nicht schuldig bleiben. Die Grundstimmung uns Reisenden gegenüber, daran möchte ich nicht rütteln, empfand ich dennoch als sehr positiv.

 

Iran hat eine sehr junge Bevölkerung und sie alle haben wohl große Visionen. Das erfahren wir immer wieder aus Gesprächen mit aufgeschlossenen Menschen. Sie möchten so Vieles, doch ihre Wünsche und Träume werden gebremst von einem System der Beschränkung. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Bevölkerung sind streng gläubige Muslime. Die überzogenen Vorgaben der Mullahs sind den meisten ein Dorn im Auge. Viele junge Frauen protestieren im Stillen, indem sie ihr Kopftuch betont lässig bloß am Hinterkopf tragen oder für ein Selfi ganz abnehmen. Doch die Angst ist groß in diesem Land. Die Revolutionsgarden kennen kein Pardon und niemand möchte in ihre Fänge geraten. Dieses übergeordnete System der Mullahs durchdringt alle Lebensbereiche, bestimmt jegliches Handeln. Samira, die junge Frau, die uns eine Zeitlang begleitet, erzählt mir, dass sie keinen Job als Archäologin in einem staatlichen Institut annehmen möchte, da dies bedeuten würde, den Hijab tragen zu müssen. Die Alternative ist, keinen Job zu haben. Die wirtschaftliche Situation stagniert. Obwohl, wir sehen den tatsächlichen Warenmangel aufgrund des Embargos nicht wirklich. In den Läden gibt es viele europäische Produkte, die ihren Weg wohl über andere Kanäle hierher gefunden haben. Doch bestimmt haben viele europäische Investoren ihre Gelder aus dem Land abgezogen. Und Samira berichtet sehr wohl, dass es an guter medizinischer Versorgung mangeln würde. We are suffering and will die slowly and in silence" , sagt sie mir mit zutiefst traurigen Augen. Das bedrückt mich wirklich sehr. Ein Land, mit den vielleicht größten Erdgasvorkommen weltweit, einer immensen Ölförderleistung und wertvollen Bodenschätzen schafft es nicht, seine Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Es wäre diesen freundlichen und ambitionierten Menschen so sehr vergönnt, in ihrem eigenen Land glücklich zu werden, anstatt unter dem Druck zu leben, auswandern zu müssen. Im Grunde wollen sie das nämlich nicht. Wer überhaupt will schon freiwillig seine Heimat verlassen.

 

Unsere Reise durch dieses Land besticht durch die grandiosen Landschaften und Kulturschätze, die es zu bieten hat. Der Iran besteht zu einem großen Teil aus hohen Bergen (um die 2000m Höhe), tief ausgewaschenen, trockenen Tälern und wenigen fruchtbaren Gegenden. Wir durften einige dieser Highlights erleben, Vieles blieb noch unentdeckt, ganz einfach, weil dieses Land auch wirklich riesig ist in seinen Dimensionen. Fürs erste ist unsere Reiseschatztruhe mit Eindrücken aus diesem Land aber gut gefüllt, schließlich kommen wir ja nochmals zurück. Es sind wertvolle Eindrücke, die Spuren hinterlassen haben - völlig andere, als wir dies bisher kannten. Was vorerst bleibt, ist das Gefühl, richtig entschieden zu haben, hierher zu reisen. Vor allem aber bleibt das Gefühl, uns unbeschreiblich glücklich zu schätzen, selbst in einem freien Land leben zu dürfen!!!!!