Unsere Trauminsel

 

Koh Boulon Leh

 

Das Bemerkenswerte, das diese Insel ausmacht, ist die Tatsache, dass sich nichts bis kaum etwas verändert hat. Und das ist auch das Gute. Heute gibt es dank eines Senders Internet und auch tagsüber Strom. D.h. Bettwäsche und Handtücher werden nicht mehr mit der Hand gewaschen. Aber sonst? Beinahe alles wie gehabt. Wenn wir Bilder nach Hause schicken, ist die Reaktion immer „paradiesisch“. Was aber macht es aus, etwas zum Paradies zu erklären, frage ich mich. Das türkisblaue Meer, die Palmen im Sonnenuntergang, der menschenleere Strand, das einfache Leben und Nichtstun?

Ich bemerke dieses Mal noch stärker als sonst, dass dieses Nichts-Tun-Können mir ganz viel Ruhe bringt. Das setzt aber wohl voraus, dass Ruhe in mir schon vorher da war, anders geht es wahrscheinlich nicht. Das Meer, die Sonne, der Strand alleine könnten dies nicht bewirken. Aber sie verstärken diese Ruhe ungemein – und dafür genieße ich diese Tage sehr.

Manchmal stehe ich morgens ganz früh auf (Christian natürlich täglich), und wir spazieren an den Strand, warten bis die Sonne langsam am Horizont nach oben wandert. Dann höre ich bereits den spährischen Gesang der Vögel, völlig anders als bei uns. Und wenn ich Glück habe, sehe ich zwischen den wunderschönen alten Bäumen unseres Parks das Hornbill-Pärchen seine Kreise ziehen. Die Natur erwacht und ich langsam mit ihr. Das Wasser hat sich über Nacht zurück gezogen, hat totes Korallengestein frei gelegt und kommt jetzt wieder langsam zurück, bildet seine türkise Wasserlinie zum puderfeinen Sandstrand. Die Fototapete ist ausgerollt. Das Wasser ist so warm, dass man wie in eine Badewanne ohne jegliches Zögern genussvoll eintauchen kann.

Die Insel besitzt einen kleinen Hügel landeinwärts, auf dem der Sender thront. Ein kleiner Pfad führt durch den Dschungel hinauf ins Dorf. Ein paar einfache Restaurants, die Backfrau Sue, die täglich frische Zimtschnecken bäckt, zwei kleine Läden, die Wasser, Cola und Zahnpasta verkaufen und noch ein paar weitere sehr einfache Bungalows gibt der Dschungel frei. Die Einheimischen wohnen in noch einfacheren Hütten hinter ihren Restaurants oder Läden. Und dann gibt es noch eine kleine Grundschule und eine Mosche – damit sind wir aber nun wirklich am Ende, mehr gibt es nicht. Täglich wandern wir den Weg nach oben, kaufen Zimtschnecken bei Sue und essen abends bei Bah in unserem Lieblingsrestaurant. Wir sind zu Gewohnheits-Tigern geworden, jeden Tag dasselbe Ritual und wir werden noch ein bisschen ruhiger dadurch.

Freunde fragen mich da immer mal, ob mir nicht schon furchtbar langweilig dabei geworden ist. Das könnte passieren, ja sicher. Diesmal aber hat dieser Aufenthalt für mich seine meditative Seite eröffnet. Eine durchaus neue Erfahrung. Ich kann mich diesem Nichtstun hingeben, mein Gedankenkarussell im Kopf verhält sich weitgehend ruhig und es bleibt unglaublich viel Raum für Zufriedenheit. Nicht, dass mir dies immer so gelingen würde – aber diesmal eben schon, und dafür bin ich sehr dankbar. Vielleicht liegt darin das Paradiesische verborgen - für den Moment nichts zu wünschen, auch nach nichts zu streben, neue Ansprüche zurück zu stellen, einfach mal Sein zu können. Für diese Tage hier an diesem fantastischen Ort hat das wunderbar für mich funktioniert!