Durch das Kinnaur Tal

Durch das Kinnaur-Valley

Sarahan – Sangla (154 km, 5 Std) – Rekong Peo (40km, 1.20) - Kalpa (10 km)  - Nako (116km, 3.30 Std)

 

Unsere weitere Streckenführung passt sich dem Talverlauf an, immer entlang des Satluj-Flusses. Die Straßen sind durchwegs besser als erwartet, wenngleich schmal und oft durch Geröllmassen noch weiter verschmälert. Vielerorts wird weiter gebaut, trassiert und repariert. Zum Teil mit großen Baumaschinen, manchmal aber auch per Hand – und wir sehen Frauen und Männer Steine klopfen und Schotter in Körben am Kopf tragen. Auf den engen Straßen gibt es genügend Ausweichen für den Gegenverkehr, man muss nur einfach rasch genug reagieren! That`s the trick! Und man muss mit dem Strom mit schwimmen, genauso verrückt überholen, genauso viel hupen, genau so oft um eine Kuh herumfahren – es einfach genau so machen wie die Inder. Sonst funktioniert es einfach nicht und ist erst recht gefährlich.

Die Nächtigungsstopps ergeben sich durch das Höhenprofil, schließlich wollen wir uns langsam aber zielgerichtet an die Höhe anpassen. Und das gelingt gut – niemand von uns hat Kopfschmerzen, wir schlafen gut und fühlen uns wohl. Die Unterkünfte sind so là là, eben indisch. Aber da wir bis jetzt noch nie unseren Schlafsack als „Schutzschild“ ausgepackt haben, kann es ja nicht so schlecht seinJ.

Vom Kinnaur Tal machen wir einen Abstecher nach Süden ins angeblich schönste Tal des Himalays (BASP-Valley). Und es ist sehr schön, ohne Zweifel. Die kleinen Dörfer mit ihrer traditionellen Holzarchitektur, viele Apfelplantagen und riesige Felder mit Sonnenblumen oder kleinen rosa Blütengewächsen – ein fast skurriler Anblick in dieser sonst so rauen Natur. Viele Frauen tragen ihre traditionelle Kleidung, die Männer zumindest ihren Kinnaur-Hut.

In Rekong Peo erleben wir wieder mal quirliges indisches Leben mit allerlei Geschäften, Teehäusern und Dhabas, den typischen kleinen Essensbuden. Christian hat hier schon von zu Hause aus einen Agenten aufgetrieben, der uns die Permits für den kommenden Reiseabschnitt nahe der chinesischen Grenze, ins Spiti-Tal, besorgen soll. Und siehe da, alles klappt wie am Schnürchen und wir haben die ersten Permits in der Tasche. Natürlich müssen wir trotzdem durch die indische Bürokratie durch und alles wird fein säuberlich in große Bücher eingetragen. Wir befinden uns bald nur noch 10 km von der chinesisch-tibetischen Grenze entfernt und daher auch die vielen Kontrollen.

Für die Übernachtung wählen wir Kalpa, nochmal 10km steil nach oben und tanken wieder kräftig Sauerstoff in unseren roten Blutkörperchen. Kalpa war die Winterheimat Shivas. Aber ich nehme an, Shivas hat wohl kaum in unseren Guesthouse gegessenJ - der Besitzer ist nämlich dermaßen grindig (was wir erst auf den zweiten Blick erkennen), dass wir uns rasch entschließen, nicht dort zu Abend zu essen und auch das Frühstück dankend auslassen. Dafür haben wir von unserem Zimmerfenster aber wieder einen herrlichen Ausblick auf die Berge.

Die darauffolgenden 116 km nach Nako fahren wir auf einer wirklich ausgezeichnet ausgebauten Straße – wie gesagt, wären da nicht die ständigen Schilder mit „Caution - shooting stones“. Und nicht umsonst! Einmal fällt auch uns ein kopfgroßer Brocken direkt vor die Vorderräder und Christian kann gerade noch im letzten Moment ausweichen, weil er den Bagger eine Etage höher im Augenwinkel hat arbeiten gesehen und blitzschnell reagiert hat. Gottseidank bewahrheiten sich nicht alle Schilder. Auch nicht jene wie „Driving faster makes desaster“. Aber wohl gemerkt – die Bedeutung desselben ist dem Inder wurscht! Somit fährt ein gewisses Risiko immer mit uns mit. Ganz generell haben wir aber ziemliches Glück. Im Norden und Osten Indiens haben starke Regenfälle 50 Todesopfer gefordert, unsere Region blieb davon verschont und wir sind gut druchgekommen.

Ab jetzt befinden wir uns im Spiti-Valley. Nako hat einen kleinen See und wir übernachten natürlich im Sea view Hotel – zählt sicher zu den schönsten Unterkünften bisher, aber eben trotzdem Indien-Style J. Mittlerweile begegnen wir schon dem einen oder anderen Touristen. Vielen indischen aber auch manchem Europäer. Diese ganze Runde ist auch bei Motorradfahrern sehr beliebt und so trudelt auch in unserem Hotel eine große Gruppe in Staub panierter weitgereister Südinder (!) ein.

Alles in allem hat in dieser ersten Woche alles hervorragend funktioniert. Wir sind ja immer noch in der „Aufwärmrunde“ unserer Reise. Unser eigentliches Ziel ist Ladakh und die Changthang-Ebene. Dort stoßen wir auf die wirklichen Highlights dieser Reise. Und um dorthin zu gelangen, haben wir eben die Route über das Kinnaur- und Spiti-Valley gewählt. Nur so war es möglich, auch selbst ein Auto zu mieten. Und diese Entscheidung hat sich als großer Vorteil erwiesen. Wir genießen die Unabhängigkeit, den Tag zu starten, wann immer es uns passt und auch Stopps dort zu machen, wo es uns danach ist. Christian ist überglücklich sich für den großen Mahindra entschieden zu haben, der Sicherheit bietet und auch wirklich gut zu fahren ist.

Das Wetter könnte nicht besser sein, und vor allem das Licht am frühen Morgen lässt diese bizarre Gegend erstrahlen. Wie Schwalbennester kleben die verstreuten Ansiedlungen an den Hängen rechts und links des Flusses. Das Tal ist in diesem Abschnitt z.T. extrem eng und immer wieder fragen wir uns, wie eine Besiedelungen dieser eigentlich unwirtlichen Gegend begonnen hat. Uns fällt auf, dass extrem viel gebaut wird – Stromversorgung, neue Straßenverbindungen, alte Hängebrücken bekommen stattliche Schwesternbrücken daneben, Kanalisationsrohre werden verlegt, Funkmasten werden aufgestellt…..Diese Bautätigkeit macht die Gegend nicht immer attraktiv, aber für die Menschen wird es bestimmt einfacher. Immer noch ist das Leben hier oben hart und beschwerlich. Für eine kurze „touristische Visite“ faszinierend, als Lebensraum für uns unvorstellbar.