Aus dem Schnee zurück ans Meer
Glaubt man den Reiseführern, so entpuppt sich erst jetzt auf der Fahrt in den Norden die Insel in ihrer ganzen Pracht. Und es stimmt schon, es macht richtig Spaß durch diese z.T. wild romantischen Landstriche zu tingeln. Die Gegend ist sehr waldreich und ein Paradies für Bienen. So konnte sich das Imkerhandwerk hier auch zu einem einträglichen Geschäft entwickelt. Und zwischen den unzähligen Bienenstöcken begeistern uns vor allem die bunten Blumenwiesen. Allerorts strömt der Duft der Macchia in unsere Nasen und die vielen Ginsterbüsche setzen noch eins drauf - ein frühlinghaft olfaktorisches Feuerwerk. Die Straßen sind mittlerweile ganz gut ausgebaut und wenn ich nicht wieder mal eine Ortsdurchfahrt auf dem Navi übersehe, ist alles auch gar kein Problem. Aber ich hab eine übersehen! Ich geb`s zu – und Styros musste den Bauch verdammt einziehen, damit sich alles ausgegangen ist. Dann heißt es Luft anhalten und erst nach der Engstelle wieder ausatmen – für uns nämlich. Doch manchmal liegt es auch gar nicht an mir, sondern es wird so verdammt eng, weil die Griechen einfach „saublöde“ Parkgewohnheiten haben. Wenn immer man etwas aus einem Geschäft benötigt, lässt man in diesem Land sein Auto völlig ohne Schamgefühl direkt davor in zweiter Spur stehen! Ja, und das ein Dicker wie wir dann logischer Weise nicht mehr vorbei kommt, erklärt sich von selbst. Hier sei jedoch erwähnt, dass auch die Griechen selbst ja hin und wieder mit ihren Lastern durch eben diese Straßen müssen. Doch die sind`s wohl gewohnt, zu warten. Unsere charmante Hupe lässt den Wagenbesitzer zwar flugs aus dem Geschäft eilen, vermutet er doch, ein Kreuzfahrtschiff hätte sich vermanövriert, aber es bleibt ein manchmal mühsames Stop and Go, bis wir endlich durch sind. Diese Stadtrundfahrten machen wir ohnedies lieber per Motorrad, da passen die Größenverhältnisse.
Richtig wohl fühlt sich Styros dann wieder, als wir auf dem Weg ins Gebirge sind, zum 1745 Meter hohen Dirfys-Gebirgszug. Die Straße ist gut und wir schrauben uns Serpentine für Serpentine nach oben. Immer wieder bieten sich grandiose Ausblicke hinunter aufs Meer. Das letzte Stück zur Alpin-Hütte darf er dann auf richtig holprigem Gelände über Steine und Wurzeln fahren, bis wir an einem wieder mal grandiosen Standplatz unsere „Parklücke“ finden. Der Blick nach Westen bis zum Meer, die Sonne bis zum letzten Zapfen, so lässt es sich aushalten. Nun gibt es auch wieder eine gute Möglichkeit für einen weiteren Übungsflug mit Elise. Diesmal versucht Christian die „Verfolgungstour“ – wir fahren mit Styros und Elise sollte uns nachfolgen. Alles sehr spannend. Zuerst muss sie ihr zu verfolgendes Objekt erkennen, dann sollte sie verbindlich keinen Baumwipfel mitnehmen und von den leichten Windböen sollte sie sich auch unbeeindruckt zeigen. Na schauen wir mal…. Alles geht gut – nur Christian hat vergessen die Kamera einzuschalten!!! Wie gesagt, wir sind noch sehr in der Erprobungsphase!
Am nächsten Morgen läutet der Wecker seit längerem wieder mal früher, da wir den Gipfel erstürmen wollen. Der frühe Morgen ist ja nicht so ganz meine Zeit und es fällt mir nicht leicht in die Gänge zu kommen. „Der Anfang ist der wichtigste Teil der Arbeit“, versucht mich Platon zu motivieren und da hat er vollkommen recht. Es philosophiert sich halt auch leicht darüber, wenn man selbst nicht betroffen ist – der Gute bleibt natürlich unten, bei der Hütte. Die noch frische Kühle des Morgens macht es uns schließlich aber leicht, uns auf den Weg zu machen. Ich merke wohl, dass meine Gebeine schon lange nicht mehr richtig gewandert sind, und die 700 Höhenmeter bis zum Gipfel haben es schon richtig in sich. Vor allem bergab auf dem losen Gestein, das kostet Kraft. Aber der Blick von oben ist einfach fantastisch – 360°, und wäre es nicht so diesig, wir könnten wohl bis Athen sehen. In einigen schattigen Kuhlen liegt noch Schnee – also nichts wie hin, eine kleine Schneeballschlacht muss sein! Wieder unten angekommen, machen wir uns wieder mit mehr PS auf den weiteren Weg. Styros schraubt sich wieder viele Serpentinen nach unten und wir fahren eine der angeblich schönsten Strecken Euböas weiter nach Norden. Der Frühling ist mittlerweile wirklich allerorts ausgebrochen, zeigt sich in seinen allerbesten Farben, die Natur strotzt nur so vor Kraft. Wir beschließen, uns einen Küstenort mit Westausrichtung zu suchen schließlich wollen wir abends noch ein Glaserl bei untergehender Sonne genießen. Unsere Recherche zuvor auf Google-Earth war durchaus erfolgreich und wir finden einen herrlichen Kiesstrand praktisch für uns alleine. Also nichts wie rein ins türkisblaue Wasser, um den Staub vom Berg wieder los zu werden. Ja… und dann kommt schon bald das Glaserl mit dem Sonnenuntergang. Und weil`s so schön ist, machen wir einen Tag Pause und bleiben einfach hier. Ich warte schon fast darauf, dass Platon etwas daran nicht passen könnte. Doch siehe da, er zeigt sich durchaus wohlwollend und freut sich mit uns. „Vom Schönen und Weisen und Guten nähren sich und an diesem wachsen die Flügel der Seele“, weiß er zu bemerken. Der Ort Limni ist ja nicht weit und so kann er dort am Hauptplatz gerne wieder seine Reden halten. Für uns heißt es vorerst mal LKW putzen, Übungsflüge und Feinjustierung mit Elise machen - Christian ist heute erstmal 300 Meter hooch geflogen! - und dann bestimmen eine kleine Motorradtour zum Kloster Osis David sowie ein Bummel durch Limni unseren weiteren Tag. Das Wetter ist mittlerweile extrem dunstig, Himmel und Meer scheinen miteinander zu verschwimmen, was die Farben vollends verschluckt. Wahrlich keine Wetter für den Fotografen. Aber der hat ja genug zu tun – nur gut dass ich nicht eifersüchtig bin – auf diese Elise.