Idylle auf alten Kriegsschauplätzen

Nach ein paar Tagen in den Bergen zieht es uns nun doch wieder ans Meer. Das Ziel ist nicht neu für uns, aber deshalb um nichts weniger schön. Was sich Voidokilia nennt, zählt zu einer der schönst gelegenen Buchten Messeniens: Die Ochsenbauchbucht. Ein fast kugelrunder Einschnitt in der Küste, das türkisblaue Wasser mit feinstem, weißen Sand gesäumt, bietet aus jeder Perspektive ein traumhaftes Motiv. Dahinter erstreckt sich eine große Lagune, Heimstatt für viele Vögel, Flamingos und Schildkröten. Hier wild zu kampieren ist verständlicher Weise verboten, also machen wir einen kleinen Hupfer auf die quasi andere Seite der Landzunge. Wir sind immer noch in Gehweite zur Lagune und residieren direkt am Strand. Über uns thront am Hügel das alte Kastro. Wir spazieren durch die herrliche Dünenlandschaft nach oben, vorbei an der Höhle des Nestors. In diesem riesigen schwarzen Loch frönte der mythische König Nestor seiner „Leidenschaft“ – dem Viehdiebstahl! Obwohl reich und mächtig, konnte er es einfach nicht lassen. Weiter oben wandern wir über herrliche Blumenwiesen, wie man sie bei uns einfach nicht mehr sieht. Oben angekommen offenbart sich uns ein wunderbarer Blick auf die Ochsenbauchbucht auf der einen Seite wie auf die weit ausladende Bucht von Navarino auf der anderen Seite. Ein echtes Naturparadies.

Einst jedoch war dieser wunderbare Ort martialischer Kriegsschauplatz. Im 18.Jhd. lag in der Navarinobucht fast die ganze türkisch-ägyptische Flotte vor Anker. Ihr Ziel: den Befreiungskampf der Griechen zu unterbinden. Die Alliierten schickten daraufhin ihre Flotte in griechische Gewässer. Und nachdem der erste Schuss von den Türken fiel, ging das Gemetzel los. Am Ende mussten die Türken mit schweren Verlusten abziehen. Von Militärgedröhne zu Wasser ist heute nichts mehr zu merken, wohl aber in der Luft. Man weiß ja, dass die griechische Luftwaffe gut bestückt ist. Dass sie so  intensive Übungsmanöver fliegen, ist mir vom letzten Mal aber nicht in Erinnerung. Zu gewissen Zeiten brausen  im Minutentakt Jagdbomber über uns hinweg. Anfangs hab ich mich wirklich erschrocken umgesehen, woher nun dieses Dröhnen kommt, manchmal war der Jagdflieger ja sogar sichtbar. Am Himmel verbleiben ihre Kerosinspuren wie Muster auf einem Zeichenbrett – nur weniger vertrauensvoll.

Noch etwas wirkt äußerst befremdlich. Einer der reichsten griechischen Reeder setzt sich hier ein Denkmal mit seiner Retortenstadt Navarino Dunes. Auf 1000 ha Land und 5 km Sandstrand entsteht eine Luxusanlage mit Golfplätzen, High-end Resorts und Thalasso-Therapiezentren. Die schwerreichen Gäste sollen hier nur eingeflogen werden und ob die umliegende Gastronomie davon jemals etwas abbekommen wird, ist eher fraglich. Daher sehen viele dieses Projekt als „Reichen-Ghetto“, das ihnen durch Landkäufe ein Stück Heimat genommen hat. Wir selbst sehen davon im Vorbeifahren nur einen kleinen Teil auf unserem weiteren Weg nach Methoni.

 

Dort war es im 15. Jhd. wieder andersrum. Da gelingt es den Osmanen diesen bedeutenden Seehafen von den damals hier vorherrschenden Venezianern zu erobern. Die Relikte dieser mächtigen venezianischen Festung geben auch heute noch eindrucksvoll Zeugnis ihrer einstigen Macht. Durch ein mächtige Tore gelangt man ins Innere der Anlage. Und dort sind wir ganz alleine. Touristen sind nur ganz vereinzelt unterwegs. Innerhalb des Burgwalls konnte die Bausubstanz der Natur nicht standhalten. Die hat sich ihr Territorium wieder zurückerobert und so wandelt man auch hier hauptsächlich durch kniehohes Gras und entlang üppiger Blumenwiesen. Eine kleine Brücke führt hinaus zur kleinen Felseninsel mit ihrem Turm, der den Türken als Leuchtturm und Gefängnis diente. Windumtost ist die die ganze Anlage und die Brandung peitscht gegen die mächtigen Burgmauern. Wie schon erwähnt - nicht neu, aber ein herrlicher Ausflug.