Auf den Spuren der Unbezwingbaren

Wer meint, der Saurier-Eier-Strand würde Paläontologen anlocken, liegt weit daneben. Hierher zieht es Freicamper, die einen wunderbaren Kiesstrand zu schätzen wissen. Also UNS. Der erste Tag hier beschert uns nur mäßiges Wetter, also wird es ein „Bürotag“. Doch schon tags darauf spricht nichts mehr gegen ein herrliches (noch etwas kühles) Bad im Meer und einen Ausflug mit dem Motorrad.

Ganz eindeutig hat sich die Landschaft verändert, sie wird rauer und hat an Lieblichkeit verloren. Noch hat die sengende Sonne der Landschaft nicht alle  Farben genommen. Aber sie wird es tun, das ist gewiss. Fast menschenleer präsentiert sich diese Region mit ihren vielen kleinen Ansiedlungen versteckt an den Hängen oder in tief eingeschnittenen Schluchten nahe der Küste. Man erzählt uns, dass viele Athener hier Häuser besäßen, sie aber aufgrund des Lockdowns noch nicht bezogen hätten. Viele aber stehen eindeutig schon länger leer, und die Einsamkeit der Gegend ist in jedem Dorf spürbar. Symbol dieser herben Region sind ihre Wohntürme. Diese unzugängliche Landschaft war in der Vergangenheit stets Zufluchtsort für unruhige Zeiten. Die Türme waren Wohnung und Verteidigungsanlage zugleich. Aufgrund vieler Bedrohungen und auch aufgrund der schlechten Ernährungslage schlossen sich die Menschen zu Clans zusammen. Gegen Feinde von außen nämlich hielten die Manioten fest zusammen – waren unbezwingbar. In dieser, einst noch viel stärker patriarchalisch ausgeprägten Gesellschaft war die Ehre des Mannes allerdings das Wichtigste und galt mit allen Mittel verteidigt zu werden. Die Blutrache war über viele Jahrzehnte bestimmendes Element – außer zur Olivenernte. Da wurden die Waffen niedergelegt. Die letzte blutige Familienfehde wurde erst 1870 beendet. Heute sind viele dieser wehrhaften Gebäude liebevoll zu Unterkünften umgebaut. Alles sehr traditionell und gut gelungen, wie wir finden. Das wohl schönste Dorf ist Vathia und thront hoch oben am kahlen Hügel des Kap Matapan. In den engen Gassen stehen mächtige Türme dicht an dicht gedrängt beieinander. Man erkennt den Renovierungsversuch an einigen Gebäuden. Doch die bereits morschen Holzdecken der Gebäude halten den schweren Steinen einfach nicht mehr Stand und so ist dieses Juwel mehr und mehr dem Verfall preisgegeben. Hier in Vathia fand die nachweislich längste Fehde statt. Sie betraf vier Familien, dauerte über 40 Jahre und forderte 200 Opfer.

So blutrünstig und wehrhaft die Nachkommen der einstigen Spartaner auch waren, so religiös waren sie allerdings auch. Die Innere Mani ist quasi gespickt mit einer Unzahl kleiner byzantinischer Kirchen. Die Straßen auf der Mani sind schmal, aber gut und somit hat unser Styros eigentlich überall Platz. Wir nehmen aber gerne das Motorrad, schrauben uns  von einem Dorf zum nächsten nach oben oder auch die vielen Stichstraßen hinunter ans Meer auf der Suche nach einem neuen schönen Stellplatz. Die Küste gestaltet sich zunehmend steiler und gibt fantastische Blicke von weit oben frei. Das von Wind umtoste Kap Matapan oder Tenaro, wie es früher hieß, ist uns einen Ausflug wert, als Übernachtungsplatz aber zu windig. Wir lieben es beschaulicher und milderJ. Wir sind nun am südlichsten Festland-Punkt Europas – quasi auf der Höhe von Tunis. Und wenn man der Mythologe glauben möchte, so befindet sich hier ja einer der Eingänge des Hades. Christian macht nochmal einen weiteren Ausflug ganz alleine und wagt sich in die Nähe von Kerberos. Ein wahrer Highlander, der keine Gefahren scheut! Und wahrlich, genau daran erinnert diese Landschaft - an schottische Highlands.

 

Gestern war Montag, der 3. Mai und somit der schon heiß ersehnte Tag, an dem der strenge Lockdown hier in GL endete. Tavernen durften wieder öffnen und wir waren ganz erstaunt, dass sich die Dörfer tatsächlich mittags und abends füllten. Haben wir die Tage davor wirklich kaum Menschen gesehen, sind sie plötzlich aufgewacht und das fühlte sich sehr gut an! Auch wir gesellten uns dazu und genossen in einer netten Taverne am Stadtstrand von Gerolimenas gegrillten Oktopus und Retsina!