Zwischen Himmel und Erde

Wir haben schon den ganzen Tag über schlechtes Wetter, es regnet wie aus Kübeln, dichter Nebel verhängt die Berge. Wir erwarten uns nicht zu viel von Metèora, wollen nicht enttäuscht werden. Doch es scheint so, als hätte Pelops diesmal doch ein gutes Wort für uns eingelegt und so lichtet sich hin und wieder die Wolkendecke und lässt Hoffnung aufkeimen. Es mutet fast mystisch an, als wir uns Metèora nähern und  schemenhaft die riesigen schwarzen Felsen wie Stalakmiten aus der Erde emporsteigen. Noch zeigt sich nichts in voller Pracht, alles bleibt noch im Verborgenen. Wir fahren die gut ausgebaute Straße einfach mal ganz nach oben, in der Hoffnung durch die Wolkendecke durchbrechen zu können. Heute will es noch nicht gelingen, doch ein Spaziergang zum größten Kloster Metamorphosis lässt uns bereits die Gewaltigkeit dieser Bauwerke spüren. Es ist schon zu spät, also sind die Tore  bereits verschlossen, keine Besucher mehr zu sehen. Welch ein Glück für uns.  Fast schon obligat für diese Reise finden wir einen optimalen Stellplatz  -  auf Augenhöhe mit den Klöstern, hoch über den Ortschaften Kastraki und Kalambaka. 

 

Bereits am nächsten Morgen kitzeln uns die Sonnenstrahlen und wir sind früh auf den Beinen. Ein Blick aus unserem Haus offenbart uns jetzt die Szenerie in voller Größe. Hier hat die Erde vor ca. 10 Mio Jahren wahrhaft einen kräftigen Rülpser gemacht. Eine vertikale Erdkrustenverschiebung drückte die Gebirgsflanken aufeinander und gab die zerklüfteten Felsen der Erosion frei, Wind und Wasser taten ihr Übriges und ließen jene riesigen glatten schwarzen Felstürme in der Landschaft entstehen, auf denen die Klöster thronen. Aus der Ferne lässt sich erkennen, dass dieser Gebirgsstock  in seiner Geamtheit verhältnismäßig klein ist, ja fast wie ein kostbarer Solitär in der Landschaft steht.

 

Die Ortsangabe „In der Luft zwischen Himmel und Erde“ habe zugegeben nicht ich gewählt, sie entstand schon im 14.Jhd. als ein Mönch, Meteoritis genannt, das erste Kloster auf einem 613 m hohen Felsen gründete. Und der Name hätte nicht besser gewählt werden können. Es ist ein ganz unglaubliches Gefühl von der Klostermauer 100te Meter nach unten zu sehen. Auch während ich hier sitze und schreibe, meinen Blick durch`s Fenster nach draußen richte, bin ich berührt ob der Mächtigkeit dieser Umgebung. Wir stehen wirklich mitten drin.

 

 Den Einsatz, den es wohl bedeutet hat, diese Bauwerke zu errichten, können wir uns kaum vorstellen. Eigentliches Ziel des orthodoxen Christentums ist ja die Erlangung  jener „Verzückung“, losgelöst von allem Irdischen, nur noch beseelt vom Heiligen Geist. Dies war wohl auch der Grund, so hoch hinauszuwachsen. Doch schon viel früher im 9. Jhd. seilten sich bereits Eremiten von 300m hohen Felsen in Schluchten ab, um dort in Felsspalten ihre Gebetsstellen zu errichten. Wir können noch einige dieser Felshöhlen hoch oben entdecken. Dabei fällt unser Blick auch auf ein paar bunte Tupfer mitten im schwarzen Fels. Nein, nein, dort ist niemand übriggeblieben, die sind noch ganz „frisch“ – Kletterer wagen sich Meter um Meter empor, um vielleicht auch dem Himmel ein Stück näher zu kommen. Es sind sehr schwierige Routen, umso größer mag wohl deren „Verzückung“ am Gipfel sein.

 

Wir drehen mehrmals mit dem Motorrad unsere Runden durch diese Landschaft. Je später der Tag, desto voller wird hier alles, auch jetzt in der Vorsaison. Bus um Bus windet sich entlang der vielen Serpentinen und bringt neugieriges Touristenvolk nach oben.  Einer spuckt wieder mal eine Ladung Asiaten aus, wir glauben Thai in ihrem Singsang  zu erkennen und liegen mit unserer Vermutung auch ganz richtig. Man positioniert sich in Grüppchen oder auch ganz alleine, springt in Hampelmannstellung hoch nach oben und zeigt gleichzeitig das obligatorische Victory mit den Fingern während der Fotograf versucht, sein Objekt auf`s Foto zu bannen. Es macht shot, shot und nochmals shot…. Doch schon bald ist die ganze Fotosession  wieder vorbei, der Bus saugt alle wieder ein, es geht weiter zum nächsten Kloster…. und wir sind auch schon wieder ganz alleine – hoch oben, bei herrlicher Sicht, dem Himmel ein Stück näher.