Durch die wilde Mani

Wir reisen weiter durch Lakonien, umkreisen quasi die südliche Halbinsel Mani - eine der wohl spannendsten  Landschaften des Peloponnes. Wir haben ja schon einige bizarre Landschaften auf unseren Reisen entdecken dürfen, diese hier steht allerdings ganz oben. Fast abweisend wirken die teilweise ganz kahlen Gebirgsstöcke, die diese wilde Landschaft prägen. Die „bösen Berge“ nennt man die letzten dann völlig kahlen Ausläufer des Taygetos-Gebirges. Steilhänge stürzen ins Meer, der Fels ist von Schluchten zerklüftet.

 

Antikes Zentrum der Region war Sparta – und die Spartaner führten ein hartes Leben, lernten Schmerzen zu ertragen und nichts Überflüssiges zu sagen – eben lakonisch zu sein.  Und die Manioten sehen sich heute als Nachfahren der Lakonier, bekannt für ihre Tapferkeit aber auch für ihre leidenschaftliche Unabhängigkeit. Wir können uns gut vorstellen, dass diese Landschaft auch die Menschen die hier leben prägen musste. Ständige  Bedrohungen durch Angreifer oder auch das beschwerliche Leben aufgrund der kargen Ernteerträge der Region machten die Menschen zwangsläufig härter als anderswo. Die teils riesigen Wohntürme zeugen von ihrer Wehrhaftigkeit. Sie schlossen sich zu Clans zusammen um stärker  und mächtiger zu sein, und je reicher eine Sippe war, umso höher wuchs der Turm gen Himmel. Doch nicht nur gegen Feinde von außen verteidigten sie sich, blutige Familienfehden wegen Landbesitzes standen ebenfalls an der Tagesordnung, gefochten wurde bis zum Tod. So blutrünstig die Bewohner auch waren, so gläubig waren sie auch. Und dies zeigen die unzähligen Kirchen und Kapellen vor allem der Inneren Mani. Viele sind verfallen, nur einige konnten restauriert werden. 

 

Pelops macht mich darauf aufmerksam, ich möge mich hier ein bisschen in Zurückhaltung üben! In der patriarchalischen Gesellschaft der Manioten galt einst die Ehre des Mannes alles, Frauen spielten ihre Rolle nur als billige Arbeitskräfte und Mütter ihrer sehnlichst erwünschten Söhne. „Also keine zu große Freizügigkeit“, mahnt er mich!

 

Wenn ich ehrlich sein soll, bemerke ich von derlei Restriktionen nichts und ich kontere mit meinem Wissen darüber, dass „junge Spartiatinnen fast nackt im Artemis-Tempel Fruchtbarkeitstänze aufführten.  Ja, Nacktheit überhaupt ein Zeichen von Freiheit war und es entgegen der Gepflogenheiten des antiken Athens in Sparta durchaus üblich war, dass Mädchen voreheliche Beziehungen pflegten“ – also er solle doch nicht Prüderie vortäuschen! Ausnahmsweise behielt ich mal das letzte Wort. 

 

Wir sehen allerdings wirklich nur wenige Menschen, ein paar Männer im Kafenion, tief in Schwarz gekleidete alte Frauen mit Kopftuch in einer Ecke vor dem Haus sitzend, die Jugend scheint die Region eher verlassen zu haben. Hier im kleinen Ort Stoúpa fand  übrigens der bis dato unbekannte Schriftsteller Kazantzakis auch die Charaktere seines Romans Alexis Sorbas. Man sieht wohl, dass mittlerweile auch touristische Ambitionen in der Mani Einzug halten. So säumen Appartementhäuser, viele noch nicht fertiggestellt, und Restaurants  so manche Straße, aber dennoch wirkt alles einsam und verschlafen. 

 

Die erdrückende Kargheit der Landschaft nimmt einen gefangen. Wir fahren langsam, machen in den z.T. noch gut erhaltenen oder auch restaurierten Dörfern halt und atmen ein Stück manische Geschichte ein. Fast menschenleer wirken die Gemäuer noch mächtiger und fast bedrohlich. Bei einem Spaziergang so alleine durch die Macchia merke ich, dass diese Landschaft wie ein Filter wirken kann, sie vermag einen zu reduzieren, alles was zu viel war, scheint zu verschwinden, Bedürfnisse werden kleiner, ja ich werde ein bisschen ruhiger und das tut gut. Wir fahren mit dem Motorrad durch die kleinen Dörfer, vorbei an byzantinischen Kirchlein, an Wohntürmen, kaum ein Haus ist bewohnt, Touristen gibt es noch kaum. Immer noch ist es stürmisch und diese rauen Bedingungen freuen uns zwar nicht, sie passen aber irgendwie hierher. Über dem azurblauen Meer kräuseln sich die Schaumkronen und über den bis zu 2.400m hohen Berggipfeln türmen sich Wolken wie Ufos. Das ist die heiße aufsteigende Luft, die in den Bergen kondensiert. Die Straßen sind gut, nur manchmal für unseren Dicken ein bisschen eng, also Bauch einziehen – alles geht gut und wir kommen an der Westseite der Mani wieder in etwas lieblichere Landschaft, wägen uns fast irgendwie in der Toskana….. aber davon später.