Je weiter wir am westlichsten Finger gen Norden fahren, desto weniger spannend erscheint uns die Landschaft, vielleicht einfach zu vertraut, nichts erregt so wirklich unsere Neugierde. Außer der Blick auf´s Meer natürlich, der fasziniert immer wieder auf`s Neue. Die meisten Besucher zieht es ja hierher wegen der traumhaften, dünenartigen Strände. Und während wir so dahinrollen begegnen uns auch mehr und mehr entgegenkommende Womo`s. Wir möchten es uns also gar nicht vorstellen, wie es hier in spätestens drei Wochen zugeht.

 

Wie der gesamte Peloponnes ist besonders dieser westliche Teil ein erdbebengefährdetes Gebiet. Nahezu jeden Tag rumort es irgendwo auf der Halbinsel und manchmal müssen sogar Fährverbindungen eingestellt werden. Bis jetzt hatten wir Glück und es hat uns noch nie durchgeschüttelt, andere Reisende haben dieser Tage aber wohl davon  berichtet.

 

Das vielleicht beeindruckendste landschaftliche Highlight der Region, die Navarino-Bucht, zeigt sich uns leider nur bei trüb- regnerischem Wetter und so sind unsere Erkundungsfahrten auch rasch zu Ende. Hier in dieser riesigen Bucht rund um den Ort Pýlos, die zum offenen Meer hin durch die Insel Spaktiria wie durch einen Deckel verschlossen wird, ereignete sich einst 1827 die letzte blutige Seeschlacht, bei der am Ende die Unabhängigkeit der Griechen begann, ohne dass sie daran beteiligt gewesen wären. Beinahe die gesamte Türkisch-Ägyptische Flotte lag im Halbkreis vor Anker und wollte ursprünglich von hier aus den griechischen Befreiungskampf zunichte machen, was ihnen gehörig vermasselt wurde.  Die Flotte der Alliierten siegte unerwartet über die völlig überraschte Armada der Türken. Viel interessanter als diese Seeschlacht findet Pelops  aber  die Höhle König Nestors. Bei Homer liest  man zwar auch von der Klugheit des jungen Königs 100 v.Chr.,  doch hatte er anscheinend auch eine kleine Schwäche – er ging mit Vorliebe auf Diebestour! „50 Herden von Rindern, Schafen und Ziegen, aber auch Pferde hat er gestohlen und in dieser Höhle versteckt“ erzählt mir Pelops. „Und er hatte ja genügend Zeit dazu, nachdem er im Gegensatz zu Odysseus und Agamemnon wohlbehalten aus dem trojanischen Krieg zurückkehrte“. Na ja, ein antiker Wilderer halt. Nachdem in der Höhle heute aber keines der Tiere mehr im Stall steht, verzichten wir auf die Besichtigung. An die  große Bucht von Navarino schließt, getrennt nur durch den Golden Beach, die wunderschöne Ochsenbauchbucht an – ein weißer Traumstrand, umgeben von einem Naturschutzgebiet. Doch wie gesagt, wir haben kein Glück mit dem Wetter und fahren mit dem Motorrad schleunigst vor dem nächsten Regenguss wieder zurück zu unserem Standplatz ein kleines Stück weiter nördlich.

 

Mittlerweile nähern wir uns schon den Sportstätten von Olympia und Christian hat gleich vorweg schon eine neue Disziplin eingeführt. Er ist ungeschlagener Meister im „Sessel-und-Tisch-auspack-und-wieder-einpack-Bewerb“. Niemand ist ausdauernder, niemand ist mittlerweile schneller. Das macht die Übung! Das Wetter ist immer noch sehr launenhaft, das Meer meist sehr aufgewühlt, und wenn uns der Sturm nicht alles um die Ohren weht, sind wir eigentlich schon sehr zufrieden. Letzteres ist aber leider zu oft der Fall. Wenn dieser glühende Planet seine Wärme zu uns schickt, dann wird`s gleich ziemlich heiß, aber der Wind schiebt die Wolkendecke ohne Gnade immer wieder dazwischen. Somit verlegen wir die ruhigen Badetage auf ein anderes Mal und fahren weiter nach Norden.

 

Ungefähr 60 km östlich unserer Route liegt die Stadt Andritsena und ganz in der Nähe der große Apollon-Tempel von Vassae. Doch die Wolken am Himmel deuten nichts Gutes, schon gar nicht in den Bergen. Also bleiben wir in Küstennähe. Pelops meint, dass dies vielleicht sogar besser – ungefährlicher – wäre! „Am Gipfel des Lykaion bei Andritsena wurde in der Antike dem Kannibalismus gefrönt“, weiß er zu berichten. Brrrr…. das wird es wohl heute kaum noch geben. „In Kesseln hat man Zeus dort Menschenfleisch geopfert, und wer daraus aß, wurde in einen Wolf verwandelt. Daher auch der Name Wolfsberg. Und was Zeus befielt, wird auch geschehen, also fühle dich mal nicht zu sicher“, mahnt mich Pelops.

 

Alles klar, wir fahren weiter und beschließen schnurstraks Lefkas anzusteuern – Christian`s altes Inselparadies. An dieser Stelle verabschiedet sich Pelops auch von uns – stattet lieber seinen alten Kumpels in Olympia einen Besuch ab. Für uns ist der antike Teil des Peloponnes ziemlich am Ende angelangt, stattdessen frönen wir ab jetzt dem „süßen Leben“ – und das scheint nichts für Pelops zu sein. Dort, wo Pelops rechts  nach Olympia abzweigt passieren wir die Stadt Pirgos. An sich ja kein großes Unterfangen, wir möchten ohnedies die Umfahrung dieser doch recht großen Stadt nehmen – keine Abenteuer dieser Art! Ich (Elke) navigiere …. gebe alle Hinweise richtig und rechtzeitig (!) … Zweifel ausgeschlossen (!) …. es kann / es darf gar nicht sein … und doch, wir landen mitten in der Stadt!!! Oh Schreck! Wie gesagt, an mir konnte es unmöglich gelegen sein. Nun muss man an dieser Stelle erwähnen, dass die Griechen ein ganz unmögliches Parkverhalten haben, sie stellen ihre Autos in zweiter, auch mal in dritter Spur mit blinkenden Lichtern einfach ab. Gehen wohl einkaufen, oder was auch immer, auf jeden Fall sitzt keiner mehr drinnen. Diese Tatsache verschmälert unweigerlich die städtische Fahrrinne nochmal erheblich. Und unserem Styros gefällt dies gar nicht, der braucht nun mal Platz. Er zwängt sich hindurch, fädelt nach allen Regeln der Kunst, doch an einer Stelle geht es dann wirklich gar nicht mehr. Ein Kleinauto steht beinahe im rechten Winkel vor einem Laden mit seinem Heck weit in der Straße. Wir steigen aus, unser Blick sucht verzweifelt den Fahrer, die Kolonne hinter uns wird immer länger. Auch die entgegenkommenden beobachten schon mit Spannung was nun passieren könnte. Da nehmen sich 6 Männer ein Herz, schnappen sich kurzerhand das Heck des Übeltäters und heben es von der Straße. Tja, war ja gar nicht so schwer, wir bedanken uns und schon sind wir durch!

 

Wir verlassen den Peloponnes bei Patras über die große 2004 fertig gestellte Harilaos Trikoupi-Brücke, eine bauliche Meisterleistung. Die 2,2 km lange Hängebrücke über den Golf von Korinth muss sich wahrlich großen Herausforderungen stellen. Der Peloponnes driftet jährlich um einige Millimeter vom Festland weg, starke Strömungen, eine Wassertiefe bis 65 m und eine erhöhte Erdbebenaktivität waren und sind die maßgeblichen Schwierigkeiten, die es für die Ingenieure zu bewältigen gab. Wir sind drüber … auf nach Lefkada!