Christian´s Cuba

 

Also,  jetzt haben wir Kuba bereist, 4 Wochen lang. Eine Reise in der Gegenwart   und doch  zumindest teilweise wie durch die Vergangenheit, aus Sicht des Mitteleuropäers. Es grenzt an ein Wunder, dass unser alter Geeley Emgrand – eine Limusine aus China – durchgehalten hat. Die Gelenke der Radaufhängung geben Geräusche von sich wie der Stössl  in einem Mörser wenn man Pesto stampft. Bei der Übergabe wurde die pure Existenz des Handbremshebels im Mietvertrag vermerkt, ebenso auch dass ein Gangschalthebel vorhanden ist. Dass die Handbremse aber absolut ohne Funktion ist, wurde lapidar mit einem „it´s normal with chinese cars„ kommentiert. Diese Tatsache, offensichtlich auch bei anderen Fahrzeugen eine Gegebenheit,  fand ihre Bestätigung als uns ein alter Lada ungebremst und ohne Fahrer am Steuer in die Seitentür gekracht ist. Der Besitzer ist zwar wie das Rumpelstilzchen seinem Lada hinterhergelaufen aber es war zu spät. Er war in Folge zwar schuldbewusst – trotzdem hat es mir 6 lauschige Stunden auf einer kubanischen Polizeiwache beschert bis ich endlich das entlastende Dokument für die Autovermietung in Händen hatte. Dass die chinesische Kiste sowieso rundherum zerbeult und zerkratzt ist, sei hier nur am Rande erwähnt.  

 

3000 km sind wir von West nach Ost gefahren und haben neben den Touristenhighlights auch so manchen Hinterhof besucht. Was sich dabei bei mir eingeprägt hat? Vieles. Die Kubaner sind ein fröhliches und freundliches Volk. Sie sind mit ihrer Revolution zufrieden und Che, Fidel und Raoul haben hohen Stellenwert. Rum ist Religion. Das Manko an Konsummöglichkeiten scheint weniger zu wiegen als „Hasta la victoria siempre„  und  „Patria o muerte„.  Es gibt in Kuba wenig, sehr wenig – natürlich auch wieder aus der Sicht des konsumverwöhnten Mitteleuropäers. Genug für die Grundversorgung , darüber hinaus aber alles  nur gegen „harte“  kubanische Währung den CUC bzw. Pesos Convertibles.  Dieser ist unglaublich begehrt, notwendiger Weise um sich vielleicht ein wenig mehr als das Nichts zu leisten. So oft scheint es am Notwendigsten zu mangeln. Dann wieder tut sich irgendwo ein Fenster, eine Türe auf und neue Ware wird angeboten. Dann wird Schlange gestanden, diszipliniert bis man dran ist. Wer neu kommt fragt „ultimo„?? Was soviel heißt wie „wer ist der Letzte?„ und dann wird gewartet und  geplaudert und die Hoffnung stirbt zuletzt, dass auch noch etwas vom begehrten Gut da ist wenn man an die Reihe kommt. Es gibt so gut wie nichts für das Kubaner nicht anstehen. Überall sieht man Trauben von Menschen die etwas ergattern wollen. Alle Auslagenscheiben sind verschmiert, denn bevor man sich anstellt riskiert man zuerst einen prüfenden Blick durch die Scheiben ob es sich auch lohnt. Und so sieht man vielerorts Kubaner mit plattgedrückter Nase an den Auslagenfenstern stehen.

 

Vieles wird selbst gemacht, Eis,  Limonade, Käse. Aber auch „Wurstsemmeln“, die aber fast eine Beleidigung für unsere Geschmacksvorstellungen sind. Aber man wird satt davon. Der Verkauf findet in Privathäusern statt, winzige Ankündigungstafeln weisen darauf hin und in Ermangelung anderer Optionen haben wir schnell gelernt sie auszuspähen.

 

Wenn man sich dann  erst einmal zurechtgefunden hat kann man Kuba ganz gut bereisen, man muss sich aber darauf einstellen. Nachfolgend einige Erfahrungen:

 

  • Das Wetter in der Karibik  ist nicht immer so wie man glaubt. Es kann kalt und windig sein. Es ist auch hier Winter

  • Kuba bereist man besser mit dem Leihauto. Ist zwar teuer aber spart Nerven, Zeit und Schlange stehen

  • Das Essen ist besser als in Mittelamerika aber trotzdem kein Highlight

  • Die Kubaner sind sauber. Immer und überall wird geputzt, gewischt und aufgewaschen. Auch um 22 00 Uhr

  • Kuba ist diszipliniert. Drängen ist ein Fremdwort. Nicht im Straßenverkehr und nicht im Geschäft  

  • Auf Kuba muss man sich für alles anstellen

  • Wohnen in Casa particulares ist Wohnen mit Familienanschluss. Manchmal mit der ganzen Familie im Nachtgewand im Wohnzimmer

  • Kuba ist kein Land für Badenixen. Es gibt nur wenige Strände und die sind fest in Händen der Pauschaltouristenmafia

  • Es gibt noch mehr Oldtimer als gedacht, ca 40 % der Fahrzeuge sind aus den 50 oder 60ern

  • Kuba ist im Vergleich zu Asien oder Mittelamerika teuer

  • 3 Wochen genügen um Land und Leute kennenzulernen. Um Kuba zu verstehen genügen auch  unsere 4 Wochen nicht

  • An den Hotspots wie Trinidad und Vinales gibt es mehr Touristen als Kubaner

  • Man muss dann etwas besorgen wenn es etwas gibt. Egal was. Spontane Wünsche sind fehl am Platz

  • Che, Fidel und Raoul sind so etwas wie Volkshelden. Es lebe die Revolution

  • Die Kubaner lassen andere gerne an ihrem Privatleben teilhaben

  • Rum ist Religion. Das Einzige das es im Überfluss gibt

  • Der Kaffee ist der Beste in Mittelamerika

  • Cubanerinnen lieben extrem verlängerte Fingernägel

 

 

 

Bald öffnen sich die Schleusen zu Amerika und dann ist der große Ausverkauf zu befürchten. Man erwartet 3 Millionen Besucher im ersten  Jahr. Ab Mai 2016 gibt es 10 Direktflüge täglich alleine nur aus Miami. Wie das gehen soll? Wir wissen es nicht. So mancher Ort platzt schon jetzt aus allen Fugen und kann die Masse der Touristen kaum noch bewältigen. Man muss hoffen dass es nicht ein Kuba wird wie sich das niemand wünscht  -  ausverkauft, ohne eigene Identität. Wir werden es nicht mehr sehen und wünschen alles Gute.  Viva la Cuba y viva la rèvolucion.   ( Christian )