Vermosh - das nördlichste Dorf Albaniens

 

Wir verlassen Montenegro und reisen über einen ganz kleinen Grenzübergang im Norden in Albanien ein. Ein Stromkabel hängt zu tief, also schnappt sich der freundliche Grenzpolizist kurzerhand den Besen, klettert auf die Fassade seines Grenzhäusels und drückt das Kabel nach oben. Alles easy, jetzt kommt auch Styros unten durch – nur fotografieren hab ich mich nicht getraut…. Kaum schließt sich der Grenzbalken hinter uns, wird aus der Straße eine Schotterpiste. Also, war`s das jetzt mit ruhiger Fahrt? Weit gefehlt, schon nach kurzer Zeit finden wir wieder ruckelfreien Halt auf einem schmalen Asphaltband, das uns bis in den letzten Winkel des Vermosh-Tales führt. Alle Offroadfreunde denken wahrscheinlich sehnsüchtig an die alte Schotterstraße zurück - ich nehme es eigentlich ganz dankbar hin, zieht die Landschaft doch ebenso beeindruckend an uns vorbei, halt ohne Gehoppel. Aber wir müssen schon zugeben, der einstige Entdeckergeist dieser letzten Winkel Albaniens ist mit der Straße natürlich verloren gegangen, die Moderne hat auch hier Einzug gehalten, wenngleich Vermosh-City auch heute nicht mehr als sieben Häuser zählt. Wir finden einen sehr idyllischen Standplatz direkt am Fluss, Christian sammelt bereits Feuerholz, alles ist vorbereitet für einen romantischen Abend …. doch das Wetter will hier in den Bergen einfach nicht mitspielen und in Windeseile packen wir vor dem nächsten Regenguss wieder alles zusammen und verrollen uns nach drinnen. Nicht ganz so romantisch, auf jeden Fall aber heiß und schwül – eben Campingleben im August. So nutzen wir die Gelegenheit und arbeiten an unserem nächsten Bildervortrag!

 

Die Straße, die man von Shkoder ins Vermosh-Tal über viele Serpentinen gebaut hat, nein, dem Fels abgerungen hat, ist wirklich beeindruckend, große Ingenieurskunst, die mich immer wieder fasziniert. Die schroffen Hänge, die links und rechts nach oben ragen, bieten trotz ihrer Steilheit immer wieder kleinen Ansiedlungen Platz und wir wundern uns, wie es Menschen einst hierher in diese Abgeschiedenheit verschlagen konnte. Verschlafen erscheint es auch heute noch vielerorts, man begegnet ganz wenigen Menschen, hin und wieder einem Schaf- oder Ziegenhirten. Die Kühe finden ihren Weg meist alleine und führerlos. Jedoch die Zahl der alten Steinhäuser ist schwindend geworden, viele von ihnen sind bereits verfallen, durften oder mussten neuen Ziegelmassivhäusern mit niegelnagelneuen roten Dächern weichen. Es erscheint uns, dies kann nur mit Devisen aus dem Ausland finanziert werden, das Einkommen hier vor Ort kann dies unmöglich einbringen. Aber wie wir dies auch schon im angrenzenden Montenegro wahrgenommen haben, lebt und arbeitet wohl ein Teil der Familie im Ausland und unterstützt die zurückgebliebene Familie. Ganz deutlich in Plav zu sehen, wo jedes zweite Auto mit einer amerikanischen Nummerntafel (?!) fährt, weil eben grad Verwandtschaft aus den Staaten im Sommer zu Besuch ist.

 

Die tiefe Schlucht im Vermosh-Tal öffnet immer wieder Türen in kleinere Seitentäler, und gibt den Blick in noch abgeschiedenere Gegenden frei. Diese Ecken erkunden wir nur noch per Motorrad, da uns Styros bei diesem Gepolter über loses Geröll die Gefolgschaft kündigt. Also rein in die Motorradklamotten, auf zum fröhlichen Schwitzen und rauf aufs Motorrad. Jeder weiß, wie sehr ich Christian liebe – anders wär`s nämlich nicht möglich J.

 

Unser Nachtplatz kurz vor Tamare, dort wo die Schlucht scheinbar in einem Talschluss endet, entschädigt dann aber für so einiges. Wir überwinden einen breiten Geröllstreifen im Flussbett und finden auf der anderen Seite auf fast wieder grünem Untergrund ein traumhaftes Plätzchen. Ein Liebesschwur in die Nacht gerufen, würde seinen unauslöschlichen Widerhall von den steilen Felswänden an mein Ohr finden – die Kulisse ist wirklich beeindruckend, der Ruf in die Nacht ist leider ausgeblieben.