Inselparadies mit Abstrichen

 

Wer lange unterwegs ist, kann nie genau sagen, ob die gesteckten Routen halten, oder die gesetzten Erwartungen in Erfüllung gehen werden. Manchmal bedarf es kleiner Änderungen. Mal sind es persönliche Fisimatenten, wie Christian gerne meine Adaptationsvorschläge nennt, weil mir der Sinn eben nach was Anderem  strebt. Mal sind es aber einfach äußere Gegebenheiten, die uns zu einem Umschwung motivieren. In diesem Fall war es schlicht und ergreifend die Regenzeit. Und die hat sich leider zu einer Heftigkeit ausgeweitet, dass wir sozusagen geflohen – oder besser gesagt weitergeflogen sind. Nämlich in  Thailands südliche Inselwelt .

 

Nun, das ist uns ja alles nicht fremd und wir haben uns diesem Ziel deshalb auch nicht ganz vorbehaltlos genähert. Die Unkenrufe vieler, die von dort kamen, waren nicht zu überhören: Alles ist teuer geworden und Menschenmassen überall da Hochsaison. Da aber die Alternative Togian Islands, Indonesien, einen recht hohen finanziellen Aufwand, eine sehr mühevolle und aufwendige Anreise  und dann vielleicht noch häufige Regenschauer bedeutet hätte, haben wir das Wagnis Thailand trotzdem auf uns genommen.

 

So ging´s also von Penang in Malaysien per Bus nach Thailand und weiter per Boot auf unsere Koh Bulon. Am Pier zuerst ein echtes Horrorszenario. Ungefähr  20 Busladungen  hyperaktiver Chinesen tänzelten dort herum, alle mit Trolley, Hut, Handy  und  natürlich dem zugehörenden  Fotostecken  bewaffnet. Wir saßen wie paralysiert auf unserer Wartebank, während die illustre Touristenschar  von einem Handyposing ins nächste hüpfte, mal die Finger zum V geformt, mal im entscheidenden Moment des Kamera- oder Handyauslösens zum Luftsprung ansetzend. A nightmare, fällt mir dazu nur ein. Natürlich wussten wir, dass noch immer Chinesisches Neujahr ist, aber doch nicht auf diesen Inseln, dort fahren die doch nicht hin!!! Oder doch? Wir sind langsam aus unserer Schockstarre erwacht, als uns klar wurde, sie setzen auf  Koh Lipe über – unser Bulon ist diesmal noch mit einem blauen Auge davon gekommen.

 

Ja wie ist es so, wenn man nach nun vier Jahren wieder auf jene Insel kommt, die einem damals und schon viele Male davor sehr gut gefallen hat? Es ist gut – war ohne Zweifel die richtige Entscheidung! Koh Bulon ist eine von wenigen Inseln, die sich im Laufe der Jahre kaum verändert hat. Es dürfen keine neuen Anlagen gebaut werden und so bleibt Vieles beim Alten. Nicht alles, das wäre wohl vermessen. Also vorweg, wir haben uns sehr wohl gefühlt, haben den herrlichen Strand genossen, den Schatten im kleinen Tamariskenwäldchen, der unseren Hängematten beste Dienste erwies, und sind auf z.T. alten und auch ein paar neuen Wegen gewandelt. Aber eines muss dennoch angemerkt werden: es ist tatsächlich alles teuer geworden und das z.T. empfindlich. Und das ist auch der Grundtenor all jener, die wiederholt Thailand besucht haben. Wenn man für 1-2 Wochen unterwegs ist, dann sieht man das nicht so streng, schließlich ist es ja immer noch etwas billiger als bei uns. Als Langzeitreisende weiß man aber halt auch über das allgemeine Preisniveau eines Landes Bescheid und plötzlich kostet dann eine Nacht in einer simplen Bambushütte umgerechnet auf unser Durchschnittseinkommen gleich mal € 260,-- , oder ein simples Bier € 18,--. Also irgendwas stimmt dann nicht. Dann muss man sich einfach die Frage der Wertigkeit stellen und manchmal auch über seinen Schatten springen. Im Gegenzug dazu hat sich in punkto Sauberkeit, Aufmerksamkeit,  Standard oder schlicht und ergreifend in der Tatsache den zahlenden Farang hier als Kunden!!  zu sehen  in Thailand nichts verändert. Sie leben nach wie vor selbst in „Dreck und Speck“ und für den Touristen im günstigeren Segment sieht das dann nur bedingt anders aus. Wir hätten hier auch viele, viele Fotos machen können so wie das Leben hinter dem Strand eben wirklich ist – aber wem nützt´s?

 

Nun gut, wir haben eine weitere Lektion in Sachen Gelassenheit lernen dürfen und die Inselwelt hier im Süden – mit Abstrichen -  trotzdem genossen.

 

Unser zweiter Inselstop war Koh Mook – da wir die Koh Lipe ( siehe oben) ja gestrichen haben und die war für uns neu. Wieder mal brauchte es „einen zweiten Blick“, um sich hier wohl zu fühlen. Wäre es beim ersten geblieben, wir hätten uns ins nächste Longtailboot gesetzt und wären auch bei Monsunstürmen über die Wellen geflohen. Manchmal ist es eben gut, sich ein bisschen Zeit zu lassen. Fazit insgesamt ist der gleiche. Die meisten Thais kümmert auch nicht nur irgend  etwas. Man mag das jetzt mit chillig und relaxed übersetzen, man kann es aber auch durchaus faul und nachlässig nennen. Also, man darf interpretieren wie man möchte – jedem seien dennoch wundervolle Urlaubstage in diesem Inselparadies vergönnt. Und wir haben dies auf weiten Strecken auch so gesehen.